Charakterologie

192 £udwig Klages

Klages nimmt darum aud) geradezu an, daß der Geilt von außen in das Leben hineingefommen ijt — er jteht gleichjam da, wo im religiöfen Dogma der Teufel jteht. It es nun jchon im Religiöfen eine tiefe Antinomie, dal ein allgewaltiger Gott (der obendrein allgütig ijt) den Teufel jein gegen ihn gerichtetes Wejen treiben läßt (weswegen Goethe aud hier den Teufel in den Dienjt Gottes jtellt), jo ijt es pbilojophijch nicht möglich, wenn man überhaupt eine Einheit des Lebens anjeßt, eine der Entwidlungsformen des Lebens als von außen fommend aufzufajjen. Hier wird dem Intuitionijten in Klages ein Streich) gejpielt von dem ebenjo jtarf in ihm ver= tretenen Rationalilten und „Geiltmenjchen”, der es nicht verjtehen will, daß aus einem einheitlihen Strom in immer fomplizierterer Höherentwidlung Sormen entjtehen, die jich eines Tages in einer bejtimmten Dariante gegen die urjprüngliche Richtung des Quells wenden fönnen.

2. Das harafterslogifhe Verf.

Klages fommt das große Derdienjt zu, mit jtarfen Impetus den Gegenitand unferer Wiljenichaft, den „Charakter“, überhaupt erjt einmal energijd) gegen den Gegenjtand der bis dahin üblichen pjucholoaiihen Methoden aufgerichtet zu haben. Er war nicht der einzige und aud) nicht der erite, aber in jolhen Sällen fommt es weniger auf die Priorität als auf die Wirfjamfeit an, die von einem Sorjcher ausgeht, und in diefem Dunft ijt Klages an erjter Stelle zu nennen.

In feiner Kritit wendet jidy Klages zuerjt gegen die faljche Auffajjung, das Seelijche in Einfahes (Elemente) und Kompleres (aus Elementen Zujammengefügtes) zerlegen zu fönnen und dabei die jogenannten „Sinnesempfindungen” (das Rot, das Süß, das Kalt ujw.) als diejes Einfache anzufegen. In Wahrheit handelt es jich bei diejen Sinnesempfindungen um abjtrafte Allgemeinbeariffe, die von dem vorher jhon erfakten Ganzen (das im Grunde das Einfachere ijt) abgezogen jind.

Klages fragt weiter, ob jemals der Unterjchied zwilchen Diofletian und Gregor VII. auf Unterjchiede der Übungsfähigfeit, Antegbarfeit, Ermüdbarfeit ujw. zurüdgeführt werden fönne. (Das find einige der von Kraepelin unterjuchten Eigenjchaften.) Er weijt damit auf eine weitere Shwäche der Piychologie jeiner Zeitgenojjen hin. Klages, ein tiefer Derehrer der be= deutenden Perjönlichkeit, vermißt mit Recht, daß Größe und Kleinheit der Derjönlichteit in den bisherigen Syjtemen überhaupt nicht zur Geltung famen. Er verweilt demgegenüber auf die Leijtungen der Dichter in charafterologijcher Hinficht. Nun muß man allerdings entgegenbalten, daß dichterijche