Charakterologie

Das darafterologiijhe Wert 193

Geitaltung feine wijjenjhaftliche Leijtung ijt und fein will. Aber ohne Stage geht es nicht an, daß eine Lehre von der jeelijchen Perjönlichkeit fich jo weit von dem entfernt, was wir alle im Leben darunter verjtehen. Hier wird man aud den jharfen polemijchen Ton von Klages in manchem qutheißen. Es bedurfte einer Aufrüttelung der Geijter, die tatjächlich Gefahr liefen, in „selhäftiger” Erperimentierfteude den Gegenjtand völlig aus den Augen zu verlieren. Die Leiltung Klages liegt immer und überall in der Grund= tendenz, die Wiljenjchaft von der Seele wieder ar das Leben heranzuführen. Und jo wenig man es gutheißen Tann, daß er jid) durch die Sorm feiner Lehre jelbjt zum Außenjeiter machte, jo außerordentlich ijt doch die Kraft, mit der er gegen alles „Zerlegen“ Sront madıte, und jo bewunderungswürdig ijt die meilterhafte Sähigfeit, mit der er jelbit in Ganszheitsjhilderungen des Chatafters voranging. Erjt wenn man ji) bemüht, über die zahlreichen „Pfeil’ und Schleudern“, die er austeilt, hinwegzulejen und immer die Stont im ganzen im Auge zu behalten, fan man den Wert feiner Lebensarbeit veritehen. Sie ijt aus dem Aufitieg der modernen Charafterologie nicht nur nicht wegzudenfen, jondern bildet in vieler Hinjicht ihre Grundlage.

Klages fritijiert ferner, daß die Charakterologie nur zu gern nad) be\immten z3eitgenöjjiihen Zeijtungs- und Tüdhtigfeitsdimenjionen einteilte. Moderne Syjterne, jo jagt er, wollen vor allem die Arbeitsfähigfeit erfunden, — im Mittelalter würde man verjucdht haben, die Glaubensjtärfe, im Altertum die Glüdsfapazität des Menjchhen (?) auf allgemeine Komponenten zurüdzuführen.

Demgegenüber fordert Klages eine unbedingt neutrale Beurteilung, eine „objektive“ Charafterologie. Damit ijt nun aber ein Problem angerührt, das Klages jich nicht wieder jo leicht vom Halje jhaffen fan. Sicher jeben verjchiedene Zeitalter das Wejentliche einer Perjönlichkeit in verjchiedenen Werten. Aber jollte es gerade uns (und gerade Klages) jo leicht fein, aus diejer Relativität herauszutreten? Klages’ Leijtung liegt ja zu großem Teil darin, dab er leidenjchaftlich einfeitig und fonjequent in der einen Wertrangorönung bleibt, die das „Lebendige“, das Dital-Schöpferijche an die hödhite Stelle rüdt. Jedes Zeitalter, jede Rafje, ja jeder Menjc wird fein unterjchieöliches Syjtem der Charafterwerte haben, muß es haben, wenn der Menjc, die Rajfe, das Zeitalter ji) nicht in faljhem „Objeftivismus“ zerlöjen, wenn es jeine Eigengeitalt behalten joll, Diefen gejunden Subjeftivismus wird man bejahen müjjen. Ihn aber in den objektiv-neutralen Standpunkt umzudeuten, wäre eine unechte Haltung.!)

1) Klages rübmt an Niejche, da er zum erftenmal das intellettuelle Phä-

nomen geprüft habe, „und zwar ohne Doreingenommenheit und Wohlwollen belwig, Charatterologie 15