Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation, стр. 103

gut. Gleichwohl ist das Übel eine Tatsache der Welt: aber es ist nur eine Privation, eine Zufälligkeit, ein Belangloses, das aus dem Konflikt der Kreaturen miteinander entsteht, wie das Feuer, das an sich gut ist, andere Dinge zufällig verbrennt"). Aber das malum muß auch nicht notwendig aus dem Kampf der Dinge miteinander entstehen, denn Gott hat das Universum so eingerichtet, daß alle Glieder miteinander Bestand haben können in Harmonie im Ganzen. Das ist der Ausdruck für die Gerechtigkeit Gottes: cum ergo sis iustus, juste omnia disponis (IV 551 $ 4). Disponit singulum in entibus secundum convenienciam et congruenciam ad omnia, id est ad totum universum'*). Gottes Vorsehung will nur das Sein und das Gute der Dinge"), und sofern die Dinge sind, stehen sie unter der Sorge Gottes und können nicht verloren werden und nicht zunichte werden. Das drückt Eckhart aus durch den Gedanken der Totalität der Begründung durch die prima causa, que Deus est. Nur, was aus dieser Ordnung der Begründung herausfällt, fällt aus dem Bereich der Sorge und Vorsehung Gottes und ist — wie es das Wortspiel von Fallen und zufällig auch im Deutschen zum Ausdruck bringt (cadere — casu) — casu, zufällig: IV 595,8: Nihil est casu respectu prime cause que Deus est. Casus enim a cadendo nomen habet .. .. casu enim sunt qui non cadunt sub cura, sed cadunt extra curam et cadunt ab esse et iam non sunt. Es gibt also nichts, was nicht unter Gottes Sorge stände. Die ganze Welt ist in seiner Sorge und Liebe gehalten. Um die Tendenz der Theodicee deutlicher werden zu lassen, können wir sagen: Die Welt in der Mannigfaltigkeit ihrer Teile und Glieder ist gehalten in Vernünftigkeit: in Wahrheit, Gerechtigkeit und Güte.

Jedes Glied des Universums hat Bestand im Ganzen als ein Gleichwertiges. Der Begriff der Gleichheit ist für Eckhart sehr charakteristisch und unterscheidet ihn grundsätzlich vom Heiligen Thomas. Die Sorge Gottes erstreckte sich darauf, den Kreaturen das Sein und damit das Gute zu geben, das mit dem Sein konvertibel ist (IV 350, 11). Es ist nur ein anderer Ausdruck und eine andere gedankliche Färbung für das Motiv der Totalität der Begründung, wenn Eckhart sagt: Deus dat se ipsum in omni accione (IV 278, 14). Die Sorge Gottes ist die Versorgung der Kreatur mit einer Gabe. Diese Gabe ist die Existenz, welche jedem Wesen gleicherweise gegeben und gleich total gegeben wird: quia totum in parte. Sic Deus totus in qualibet creatura, in una sicut in

128) IV 324,27. 222) 1V2333)412, 10) IV 330, 11 ff.

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