Der Künstler zwischen Westen und Osten

und deütsche Dichtung 117

schaft dar, großstädtische Kritik hat sie kommunistisch genannt, aber sie ist ein brüderliches Zusammenwirken aus einer Generationsverbundenheit heraus, wie sie auf dem Lande noch existiert. Knechte bringen Milch in der Bränte, auf gebückten Rücken. Mägde holen Butter und Molken. Käser türmen wagenradgroße Emmentaler auf reines Stroh. Es waltet eine Urwüchsigkeit, deren Geruch das ganze Dorf durchdringt und jeden heilen könnte, der krank von dem Zerfall der Kultur geworden ist. Zänkereien gibt es auch, aber das tut nichts. Sie erhöhen, in Humor umgewandelt, das breite Behagen. Die Meistersleute betrachten Knecht und Magd noch als Zugehörige des Hauses, die ihnen von Gott anvertraut worden sind. Wenn das Tagewerk vollbracht ist, sitzt man zusammen und liest gemeinsam das Alte Testament, die Psalmen und Propheten.

Aber es hieße wirklichkeitsfremd sein, wenn man nicht erkennen wollte, daß dieses auf den religiösen Instinkt gegründete Gemeinschaftsleben in die Zukunft hinein sich nicht mehr erhalten läßt. Es ist, wie jeder, der die ländlichen Verhältnisse kennt, zugeben muß, vielerorts schon zusammengebrochen. Das Verhältnis von Großbauer und Untergebenen hat sich durch den Einfluß des Zeitgeistes geändert und läßt sich keineswegs mehr von Glauben und Vertrauen, die auf ererbter Religiosität fußen, stützen.

Ich wage die bittere Wahrheit auszusprechen, daß die Volkstümer als solche, wenn nicht ein neuer Geisteseinschlag empfangen wird, gefährdet sind und mit