Der Künstler zwischen Westen und Osten

118 Schweizerische Natur-Geistigkeit

ihnen die naturgegebenen Weistümer: Märchen, Trachten, Spiele, selbst die Dialekte. Der Ruf „Zurück zur Natur“ führt uns nur tiefer in die Dekadenz hinein. Die Pathologie des Volkes in körperlicher wie in seelischer Hinsicht (man denke an die schlechten Zähne und an die Gemütskrankheiten der Dorfbewohner, die denen der Städter nicht nachstehen) ist eines der schwersten Probleme, die heute zu lösen sind.

Auch das schweizerische Volkstum, das eines der gesündesten in Europa ist, zeitigt Erscheinungen, auf die man verpflichtet ist hinzuweisen. Schon bei Jeremias Gotthelf gibt es übergenug krumme Leute. Sie gehen nicht mehr gerade, weil ein Druck auf ihnen liegt. Gewaltig sind die Impulse, womit er sie aufzuraffen versucht. Aber man hat doch meistens das Gefühl, es gelinge ihm nicht auf die Dauer. Der Schweizerdialekt deutet auf gewisse Degenerationserscheinungen. Er hat zahllose Spitznamen für willenlose, schwache und faule Leute. Das beweist ein Überhandnehmen des kritischbeobachtenden Seelenlebens vor dem hilfreich-tätigen und scheint keineswegs ein Zeichen von Urkraft. Das Behagen, womit Krüppel der Seele und des Leibes verspottet werden, hat nichts Heldenhaftes. Die Sprache der Schweizer läuft Gefahr philiströs zu werden, wenn sie nicht von Menschen gemeistert wird, die gewaltige Geistesimpulse in sich tragen.

Paracelsus war noch ein solcher Meister. Er ist ganz dem Alpenland verbunden. Er kennt die Heilkraft aller Pflanzen und Gesteine. In der Erde waltet etwas Weibliches, das uns heilen will, sagt er. Wir spüren solche