Der Künstler zwischen Westen und Osten

124 Deutsches und schweizerisches Geistesleben

einen Anschein von Erhabenheit, der auf sie fällt, Achtung ein; auch leistet sie, besonders wo alles nach monarchischer und immer reiner werdender monarchischer Verfassung drängt, bis auf einen gewissen Punkt gute Dienste. Angekommen aber bei diesem Punkte, springt ihre Unmacht in die Augen.“

„Eine solche Ansicht der Staatskunst,“ urteilt Fichte, „ist nun, ob sie auf ausländischem oder deutschem Boden angetroffen werde, immer Ausländerei.“

Viel Undeutsches findet dieser deutsche Denker in Deutschland. r

Fichte ist Republikaner. Die Staatsform, die er fordert, setzt Geist voraus. ‚Dieser ist für sie die aus sich selbst lebendige und ewig bewegliche Triebfeder, die das Leben der Gesellschaft ordnen und fortbewegen wird.“

„Dieser Geist,“ fährt Fichte fort, „wird nicht gefördert durch Strafreden an die schon verwahrloste Erwachsenheit,. sondern nur durch Erziehung des noch unverdorbenen Jugendalters“.

In Pestalozzi findet er diesen Erzieher. Nicht aus wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern aus religiösem Drang heraus, aus Glaube, Hoffnung und Liebe, hat der große Schweizer sein Rettungswerk unternommen. Es scheint Fichte solange gefährdet, als keine klare „Setzung des Ich“, keine wahre „Wissenschaftslehre”, kein „Geistesleben“ als „Selbstzweck“ gegeben ist.

Hier möchte man jedem Deutschen zurufen: Sei wie Fichte, nie verführt von der Nützlichkeit und nıe gezwungen vom Dogma, ein Verkünder der uneinge-