Der Künstler zwischen Westen und Osten

Deutsches und schweizerisches Geistesleben 127

Geiste erhoffte, wurde auf seine enge Heimat zurückgewiesen, als Aristophanes der schweizerischen Polis Seldwyla, der bald lachte, bald fluchte und schließlich resignierte.

Würde Deutschland einen Staat geschaffen haben, wie Schiller und Fichte ihn forderten, worin sich der einzelne nach Geistesimpulsen, die in der Natur des mitteleuropäischen Menschen vorgebildet sind, hätte entwickeln können, so würde das Ausland die Deutschen als seine Lehrer betrachtet haben. Es wäre durch sie zum Geiste gelangt.

Aber der Geist wurde vom Staate gezwungen und von der Wirtschaft verlockt. Ein Typus entstand in Deutschland, der Furcht und Neid erweckte und als Folge davon Feindschaft. Man sah nicht mehr den freien Denker, sondern den pflichtgetreuen Soldaten und den pfennigklugen Händler. Man getraute sich nicht zu lieben. Der Künstler konnte nicht mehr lernen. Das mag der innere Grund sein, warum Spitteler seine Lehrjahre in Rußland verbrachte. Wohl deshalb ward ihm vom Schicksal bestimmt, im Osten die Weite des Lebens zu erfahren. Zurückgekehrt, neigte er sich westlichen Formen zu, so daß sich seine dem innersten Kern nach schweizerdeutsche Wesensart oft in russisch-orientalischer und griechisch-gnostischer Bildgestaltung verbirgt. Man denke an Extramundana. Aus alemannischem Trotze übte er gallischen Witz, auch darin deutsch (wie Fichte das Deutsche versteht, wohlverstanden).

Der Deutsche wurde niemals gehaßt, weil er deutsch war, sondern weil er vom Deutschtum nach Westen