Der Künstler zwischen Westen und Osten
I2 Auf der Suche nach der
aus einem gemeinschaftlichen Grundgebilde entwickeln, kommt es an. Sondern darauf, welche Vorstellung Goethe von dem Ganzen der Pflanzennatur als einem, Lebendigen hatte und wie er sich das Einzelne aus diesem Ganzen hervorgehend dachte. Seine Idee von dem Wesen des Organismus ist seine ureigenste, zentrale Entdeckung im Gebiete der Biologie zu nennen. Daß sich in der Pflanze, in dem Tier etwas anschauen lasse, was der bloßen Sinnenbeobachtung nicht zugänglich ist, war Goethes Grundüberzeugung.“ Es ist das & zei nüv der Pflanzenwelt: die Urpflanze. „Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu,‘ sagt Goethe, „kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche ersinnen.“ Hier ist getan, was Kant unmöglich nannte. Hier ist der menschliche Verstand, der nach ihm nur diskursiv zu sein vermag, intuitiv geworden. Er begreift und ergreift nicht nur das, was im Raume nebeneinander ausgebreitet ist, den Leichnam der Pflanze, sondern das Organische, das Wirksam-Lebendige. Hier ist ein Einswerden mit dem Intellektus Archetypus, der sonst nur Göttern eigen. Goethe ist, wie sich Steiner ausdrückt, „der Kopernikus und Kepler der organischen Welt“. Von ihm geht eine neue Epoche an.
Die Übung, die Steiner angibt, um die Entelechie der Pflanze zu erleben, sollte nach dem Voran- . gegangenen niemand mehr befremden. Sie lehrt, sich mit Gedanken und Gefühlen immer inniger in ein Pflanzenwesen zu versenken und das in ihm wirkende Leben immer selbstloser zu erspüren, bis man zu der geistigen Anschauung des Gemeinsamen gelangt, das