Der Künstler zwischen Westen und Osten
2318 Moderne Lyrik
Doch immer rührt der schwarze Flug der Vögel den Schauenden, das Heilige blauer Blumen, denkt die nahe Stille Vergessenes, erloschene Engel.
Wieder nachtet die Stirne in mondenem Gestein; ein strahlender Jünglıng erscheint die Schwester in Herbst und schwarzer Verwesung.
Irdische Schwermut verdunkelt sein Schauen. Der Vorhang hebt sich zuweilen und man sieht ein Sterngebilde wie einen Gott hinter dem Horizonte untertauchen ... Man kann nur ahnen: ein Äon folgt dem andern im ewigen Ablauf...
Aber der Dichter selbst fällt ohnmächtig in den Schatten zurück. — Eine Dichterin, die mit Trakl Verwandtschaft hat dadurch, daß sie Erträumtes und Erlebtes mischt, die aber, weil sie weinen und lachen kann, über die Schwermut hinwegkommt, ist Else LaskerSchüler, der Prinz von Theben, wie sie sich selber nennt. „Ich bin in Theben (Ägypten) geboren, wenn ich auch in Elberfeld zur Welt kam im Rheinland.“
Wer sie über ihre Abstammung sprechen hört, weiß nicht, ob sie Ernst oder Spaß macht. Sie weiß es selbst nicht. Östliches Blut pulst in ihren Adern. Aber es gibt ihr nicht mehr Halt. Es läßt sie die Bilder Jerusalems schauen, aber es trägt sie nicht mehr zu den Toren der heiligen Stadt.
Ihre Stimme ist trotz des melodischen Klanges zu schwach, um Menschen zu wecken. Sie meint das alte Jerusalem und nicht das neue. In ihrem schönsten Gedichte liegt ihr ganzes Schicksal.