Der Künstler zwischen Westen und Osten
Über die Jugendbewegung _ 239
(meist falsch verstandenen) Griechentum, das noch in ihm rumort. Er gibt sich einem Kultus des Leibes hin, der von jedem Augenblick der Gegenwart ad absurdum geführt wird. Er sehnt sich nach dem goldenen Zeitalter, muß aber im papierenen leben. Die Sinnlosigkeit, das Oszillieren der Gefühle, das Pervertieren der Triebe überträgt er auf die Jugend.
Ein dritter findet den Ödipuskomplex in sich und projiziert ihn auf seine Nachkommen bis zum Säugling hinunter.
Ein vierter wütet asketisch gegen sich und gibt sich darin als Vorbild.
Aber keiner beachtet, daß die Seelen, die sich nach dem Jahrhundertbeginn verkörpert haben, ganz anders geartet sind als die früher geborenen.
Ich möchte, um dies zu erläutern, einen malerischen Vergleich brauchen. Wenn man die geschichtliche Entwicklung der Menschheit nach den Gemälden, die von Epoche zu Epoche geschaffen wurden, betrachtet, so entdeckt man, daß gewisse Farben nicht früher und nicht später auftauchen konnten. Jedes Zeitalter hat die ihm gemäßen. Die Griechen lebten in roten und gelben Tönen. Sie nannten das Meer weinfarben. Im Mittelalter erschien ein leuchtendes Blau. Mönche zierten die Initialen ihrer Chroniken damit. Es verblaßte mit dem fünfzehnten Jahrhundert. Wie kalt ist es zur Zeit Kants. Wer könnte jetzt noch den Mantel der Gottesmutter, der die tiefste Himmelsbläue hat, malen? Ein Grün, das lebt, versucht sich im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts dem Schatten zu ent-