Der Künstler zwischen Westen und Osten
2.40 Über die Jugendbewegung
reißen. Es findet nicht die Keimkraft des Gelb, die es lebendig werden läßt. Mit der Freilichtmalerei kommt eine abstrakte Helligkeit in die Bilder. Sie ist noch ein recht materialıstischer Vorverkünder eines neuen Lichteinschlages. So zeigen die Farben die Taten des Lichtes, das im Werdeprozeß der Menschheit waltet.
Was ehemals als aktive Erkenntnis in Menschen leuchtete, ist seit dem fünfzehnten Jahrhundert immer mehr erloschen. Im neunzehnten hat die Finsternis den Tiefpunkt erreicht. Jetzt aber, mit Beginn des zwanzigsten, bricht ein inneres Licht hervor. Das zeigt sich in der Seelenbeschaffenheit der heutigen Jugend. Es ist, als ob ein kosmischer Künstler die Wesenheit der Menschen von nun an mehr ‚aus der Farbe heraus‘, statt wie bisher ‚aus der Linie heraus‘ schüte.
Bekanntlich gibt es zwei Perspektiven, die lineare und die farbige. Die erste beruht auf dem Verstande, der von dem Sinneseindruck abstrahiert. Die zweite auf der sinnlich-sittlichen Wirkung, die aus der Farbe fließt. Die erste hat nur mit der Zeichnung zu tun, so daß die Farbe höchstens zur Ausfüllung der Form gebraucht wird. Die zweite läßt die Form aus der Farbe heraus geboren werden. (Das Blau weicht zurück, das Gelb drängt nach vorn. Das Grün bringt Harmonie im Ruhen, das Rot Harmonie in der Bewegung. So entstehen, durch den Zusammenklang als solchen, gewisse Kontrapunkte.) Das Wesen der alten Generation vermöchte man zur Not noch mit Seelenfähigkeiten, die sich der geometrischen Perspektive vergleichen