Der Künstler zwischen Westen und Osten
Entelechie des Menschen 17
derung erhoben worden. „Warum könnte jeder einzelne Mensch,“ so fragt er, „auch nicht mehr als einmal auf dieser Welt vorhanden gewesen sein? Warum sollte der Mensch nicht so oft wiederkommen, als er geschickt ist, neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlangen?“ Ging nicht Nietzsches Sehnsucht diesem Ziel entgegen: „Oh, wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit brünstig sein und nach dem hochzeitlichen Ring der Ringe, — dem Ring der Wiederkunft?‘“ "Wissenschaftlich begründet und dargestellt, wie dieser Gedanke durch Rudolf Steiner ist, muß er von unabsehbaren Folgen sein. Der Tod verliert die bisherige Bedeutung. Das Schicksal wird ausgeweitet. Freundschafts-, Familien-, Gesellschafts- und Völkerverhältnisse verwandeln sich. Hier erst wird die Philosophie des Geistes erfüllt. Legionen von Meinungen hebt der Sturm davon. Sie flattern in die Gasse, liegen da zerfetzt und beschmutzt. Niemand hebt sie auf. Sie verfaulen. Im Gedichte lebt von nun an andere Sehnsucht, in der Tragödie andere Sühnung, im Romane andere Sendung. Neue Dichtergeschlechter erstehen. Kant hatte mit seiner Behauptung, daß es keine Erkenntniswahrheiten, sondern nur moralische Axiome gibt, keinen Künstler befruchtet. Der kategorische Imperativ brachte das eiserne, nicht das goldene Zeitalter hervor. Man nenne hier nicht Schiller. Mag dieser Kant noch so sehr als seinen Lehrer preisen. Er schritt durch den Spieltrieb, der die Schönheit schafft, über ihn hinweg. Kultur erträgt keinen Zwang, selbst den moralischen nicht. Wer Anspruch darauf haben will, ihr
2 St.K.