Der Künstler zwischen Westen und Osten

Über die Jugendbewegung 215

Autorität und Freiheit. Ein beliebtes Thema. Eim derartiger Redner sagte etwa: Das geistige Erbgut der Väter und Vorväter ist aufgezehrt. Der Intellekt, der ihm den Rest gibt, vermag der Seele nicht mehr genügenden Halt zu geben. Diese wird immer egoistischer. Dadurch wird die Menschheit gefährdet. Das Wissen, das wir mit dem Verstand erringen, beschleunigt den Untergang. Es hat zwar, in seiner Anwendung, die Technik der Neuzeit hervorgebracht. Aber diese dient dem Tode.

Deshalb zurück zu den religiösen Dogmen und Traditionen, zum Credo quia absurdum, zum Gehorsam, zur Autorität.

Das war, mehr oder weniger verhüllt, der Inhalt der meisten moralischen Vorlesungen.

Der junge Mensch bekam allerlei Regeln, um den Charakter zu festigen, die er gerne befolgt haben würde, wenn er ein geistiges Ziel erkannt hätte. Wertvolle Jugend hat immer einen Zug ins Asketische. Man braucht ihr nicht erst zu sagen, daß sie gegen die Sinne kämpfen soll, wenn sie eine Aufgabe sieht. Gegen Hunger, Durst, Kälte, kurzum gegen den Körper kämpfen, ist Lebenserhöhung für sie. Gegen allerlei Gewohnheiten und Triebe — dafür gewinnt man sie leicht. Gegen Lachen und Zorn. Da beginnt sie zu stutzen. Denn jetzt empfindet sie einen Eingriff in das Individuelle. Sie fühlt, daß sie ihr Innerstes vor Sentimentalität und Härte, die ihr nahekommen, schützen muß. Das kann sie nur, indem sie spottet und aufbraust. Das darf man ihr nicht ohne weiteres verbieten. Wenn nun aber