Der Künstler zwischen Westen und Osten
Der Künstler zwischen Westen und Osten >20
von der Tätigkeit des Arztes die Rede ist. Mit welcher Andacht öffnet Wilhelm Meister ein anatomisches Besieck. Wie ein Priester zu der sakramentalen Handlung schreitet, betritt er den Operationssaal. Er schaut im Leibe des Menschen nicht nur den Leichnam, sondern die von den göttlichen Wesenheiten geschaffene Form der Seele.
Nicht anders ist ferner sein Kampf gegen Newton zu verstehen, jener gelungene, aber immer noch nicht anerkannte Versuch, das Licht einer geistlosen Optik zu entreißen, die es analysieren und entseelen möchte. In dem Kapitel von den sinnlich-sittlichen Wirkungen der Farben, worin Goethes Lehre kulminiert, spricht sich in Wahrheit der Weltgeist aus. Nur diese Auffassung vermag den Satz: „Die Farben sind Taten des Lichtes, Taten und Leiden“ richtig zu verstehen.
Durch Goethes Farbenlehre werden wir vom Westen weggeführt. Der Orientalist Professor Beckh hat einen Zusammenhang der Prinzipien. Goethes (was diesem selbstverständlich nicht bewußt zu sein brauchte) : Licht, Finsternis und Trübe, mit Sattva, Tamas und Radschas, den drei indischen Gunas, aufgedeckt.
„Wenn Sattva, von Sat, das ‚Seiende‘, als Guna das ‚lichthafte Element‘ (im Physischen wie im SeelischGeistigen) bedeutet, so mag an den von Steiner — nicht vom Standpunkte der historischen, sondern dem einer höheren Etymologie (auch Noyalis spricht in den Fragmenten, wo er sich unter anderem mit dem Problem des Lebendigen in Wort und Sprache beschäftigt, von einer verschiedenen Etymologie, die er als ‚gene-