Der Künstler zwischen Westen und Osten

Der Künstler zwischen Wesien und Osten 35

Goeihe wußte sich in seinem Selbsibewußtsein zu halten, wenn ihm die Technik des Westens und wenn ihm die Religion des Ostens Schicksal werden wollte. Vor dem Ansturm beider Gewalten, der äußeren und der inneren, rettete er sich durch die Festigung seines Ich, das er als ewige Entelechie erfaßt hatte.

Aber noch eine dritte Gefahr droht dem Ich. Sie besteht darin, daß man zwar sein Ich erfaßt, daß man es aber stärkt mit egoistischen Kräften, auf Kosten anderer. Dieser Gefahr verfällt ein Mensch, der den Willen zur Gewalt hat.

Mit siebenundzwanzig Jahren, in der Vollkraft seines Selbstgefühls, wurde Goethe Mitglied der obersten Landesbehörde in Weimar, des Geheimen CGonseils. Der Tätigkeitsdrang des jungen Legationsrates wollte sich ausleben. Goethe übernahm bald die führende Rolle in der Bergbaudirektion, in der Kriegskommission, in der Finanzbehörde. Er hatte die Macht in Händen und brauchte sie zum Guten, indem er die Steuern verringerte, den Heeresbestand herabsetzte usw. Das Studium jener Epoche seines Lebens, die ungefähr bis zum fünfunddreißigsten Jahr, bis zum Entweichen nach Italien geht, zeigt, daß er ein Helfer des Volkes sein wollte. Er ist an der Durchführung seiner Reformpläne wohl nur deshalb gescheitert, weil er nicht die geeigneten Menschen fand.

Man denke sich, daß Goethe sich in sich selbst verhärtet und seine Machtbefugnis mißbraucht hätte, dann wäre er der Abirrung erlegen, die Politik zu benutzen,

um das Geistesleben und das Wirtschaftsleben zu miß5 #