Der Künstler zwischen Westen und Osten

Der Künstler zwischen Westen und Osten 39

Aber Wille und Vorstellung klafften sogar in der Einzelseele immer tiefer auseinander.

Diese Kluft ragte in die völkischen Seelengebiete hinein. In die Welten der Schwind, der Richter, der Spitzweg, die sich von Märchen und Mythenstimmungen, von Dorfgeschehnissen und Sitten, von Lokalismen genährt hatten, sickerte allmählich der Naturalismus ein, als Folge der naturwissenschaftlichen Denkart. Diese hatte ja die Sinne befreit und dem Auge die Lust des Experimentierens gegeben.

Eine Malerei kam auf, die sich ganz auf das Sehen gründete, auf Lichteindrücke, auf Farbenflecke, auf die genaue Wiedergabe dessen, was die Netzhaut spiegelt. Das wird hingestellt, gleichgültig, was für ein Gedanke drinnen waltet. Ob der Maler ein Antlitz oder eine Gurke vor sich hat, der Reflex wird in sorgsamster Nuance wiedergegeben. Der Verzicht, erkennend in die Dinge einzudringen, ist selbstverständlich geworden. In Frankreich entfaltet sich die wundersamste Spätlingsblüte der Kunst, der Impressionismus. Das griechische Erbe (Delacroix und Ingres) schwindet hin. Aber selbst in den Impressionen wirkt noch das antike Schönheitsgefühl. Der Franzose kann nicht formlos werden, der Formwille ist ihm angeboren.

Während der Künstler im Westen immer mehr Experimentator wird (man denke an Zola, der in den Markthallen von Paris umhergeht und die Eindrücke von Auge, Ohr und Gaumen in sein Notizbuch einzeichnet), will er im Osten noch Priester bleiben. Dem