Der Künstler zwischen Westen und Osten

Der Künstler zwischen Westen und Osten hz

er das Todesurteil über sich selber spricht, leidet er nicht nur als Verurteilter, sondern er handelt auch als oberster Richter. Aber auch hier ist sein Gericht nicht gerecht. Im Entschluß, Hand an sich selbst zu legen, ist ein innerer Widerspruch enthalten. Dieser Entschluß entspringt der Erkenntnis der eigenen Schwäche und Unfreiheit. Der Selbstmord an sich ist jedoch schon in gewisser Weise eine Handlung der Kraft und der Freiheit. Warum soll nun diese Kraft und diese Freiheit nicht für das Leben selbst eine Anwendung finden? Die Sache verhält sich aber so, daß der Selbstmörder nicht nur die eigene menschliche Unfähigkeit einsieht, sondern daß er diese Unfähigkeit zu einem allgemeinen Weltgesetz erhebt, und das ist eben Wahnsinn, er fühlt nicht nur das Böse, sondern er glaubt auch an das Böse. Er erkennt wohl seine Leiden, aber er glaubt an keine Heilung, und darum kann er die durch solche Erkenntnis erworbene Kraft und Freiheit nur zur Selbstvernichtung verwenden. Zum Selbstmord kommt jeder, der das allgemein menschliche Böse wohl erkennt, aber an das übermenschliche Gute nicht glaubt. Nur durch diesen Glauben kann ein denkender und gewissenhafter Mensch sich vom Selbstmord bewahren. Er soll nicht beim ersten Schritte der Erkenntnis des Bösen, das in ihm ist, stehenbleiben, sondern er soll auch den zweiten Schritt tun, das heißt, er soll das wahrhaft Gute, das über ihm ist, anerkennen.“

Wem das Dasein sinnlos und böse erscheint, der kann Welt und Individualität, Gottheit und Ich, Schöpfer und Geschöpf nicht mehr zusammenbringen.