Der Künstler zwischen Westen und Osten

dionysische Weltanschauung 61

Noch im Römertum dient der Cerestempel als Gesetzesarchiv. Bachofen betrachtet dann das Verhältnis des gynaikokratischen Zeitalters zu anderen Kulturstufen, zu solchen, die vorangegangen sind, und zu solchen, die noch folgen. Er ist der Ansicht, daß niedrigere in früheren Epochen herrschten und höhere sie ablösen müßten.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die historische Schichte, welche die mythische verdrängt. Sogleich ist hier zu sagen, daß dies unter gewaltigen Erschütterungen geschieht. Es ist ein Wandel im Blute. Und blutige Ereignisse verkünden ihn. Die Tat des Orestes steigt vor unserem Auge empor. Er tötet seine Mutter. Muttermord ist unsühnbar. Die Erinnyen, die mütterlichen Rechte wahrend, verfolgen den Mörder. Apoll ist's, der ihn rettet. Er spricht ein neues Gesetz. Das des Tages, des Lichtes, des Vaters. Das apollinische Zeitalter beginnt. Von nun an wird die Unsterblichkeit nicht mehr durch die chthonische Urmutter verliehen, sondern durch den uranischen Götterjüngling. Apoll ist von der Erde unberührt geblieben. Er lebt im reinen Äther. Er hält sich in der himmlischen Region zurück. Er ist nicht Mensch geworden.

Dies, daß er nur Gott ist, trennt ihn von Dionysos. Dieser hat auch Teil an der Sonne, wie Apoll, aber er hat „seine überstoffliche Existenz“ aufgegeben und ist auf die Erde gekommen. Er hat das Dasein im Weltall verlassen, um eine menschliche Individualität zu werden. In ihm vollzieht sich die Ich-Werdung.

Vorhin wurde gesagt, die Ichheit wäre im gynaiko-