Der Künstler zwischen Westen und Osten

dionysische Welianschauung 69

den Mysterien‘‘) und dergestalt in der Behandlung des Problems das Verhältnis der beiden Geschlechter als das wichtigste anschaut, wird bei Nietzsche Apollo der Gott der Plastik und Dionysos der Gott der Musik. Dasein und Welt werden, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, nur als ästhetisches Kunstwerk ewig gerechtfertigt. Der Künstler ist das Ziel der Entwicklung. Apollo und Dionysos werfen ihre Wirkungskreise als Traum und Rausch in seine schöpferische Seele und entfesseln einen ungeheuren Kampf. Als Traum erscheinen dem Künstler die Lichtgestalten der oberen Götter, als Rausch erlebt er den dunklen Gegenwillen der Unterwelt. Vorstellung, die in ihrer höchsten Ausbildung Plastik wird, und Begierde, die ihre mächtigste Auswirkung in der Musik findet, ringen in der Menschenbrust um die Herrschaft. Die eine hebt das Ich aus der Wirklichkeit der Erdenwelt hinweg und verflüchtigt es im göttlichen Äther. Die andere läßt es in den Wogen des Blutes versinken und aufgehen in der menschlichen Gattung. Der Künstler aber vermag sich nur durch das Kunstwerk zu retten.

Jene erste Seite von Nietzsches Geburt der Tragödie ist die wichtigste für den Künstler, die seit Schillers Briefen über die ästhetische Erziehung geschrieben worden ist.

„An ıhre beiden Kunstgottheiten, Apollo und Dionysos, knüpft sich unsere Erkenntnis, daß in der griechischen Welt ein ungeheurer Gegensatz, nach Ursprung und Zielen, zwischen der Kunst des Bildners, der apollinischen, und der unbildlichen Kunst der Musik, als