Der Künstler zwischen Westen und Osten

74 Über apollinische und

Mensch braucht eine Illusion, um den ewigen Abgrund zu überbrücken.

„Dies ist die wahre Kunstabsicht des Apollo: in dessen Namen wir alle jene zahllosen Illusionen des schönen Scheins zusammenfassen, die in jedem Augenblick das Dasein überhaupt lebenswert machen und zum Erleben des nächsten Augenblickes drängen.“

„Dabei darf von jenem Fundamente aller Existenz, von dem dionysischen Untergrunde der Welt, genau nur so viel dem menschlichen Individuum ins Bewußtsein treten, als von jener apollinischen Verklärungskraft wieder überwunden werden kann, so daß diese beiden Kunsttriebe ihre Kräfte in strenger wechselseitiger Proportion, nach dem Gesetz der Gerechtigkeit, zu entfalten genötigt sind. Wo sich die dionysischen Mächte so ungestüm erheben, wie wir dies erleben, da muß auch bereits Apollo, in eine Wolke gehüllt, zu uns herniedergestiegen sein, dessen üppigste Schönheitswirkungen wohl eine nächste Generation schauen wird.“

Nicht an das Ich, das zerstückelt als Dionysos lebt und das sich sehnt, seine Individuation aufzugeben, hält sich Nietzsche, sondern an die Vorstellung des Ichs, die Apollo verleiht, die aber Nietzsche als Schein, als Illusion, als Kunstprodukt auffaßt: im Grund als Lüge.

Fünfzehn Jahre später lacht er in seiner Selbstkritik über diesen Versuch, das Leben annehmbar zu machen. Dieses Lachen, das Lachen des Zarathustra (‚diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranzkrone: