Der Künstler zwischen Westen und Osten

76 Über apollinische und

erst vermochte die Aufgabe völlig zu lösen. Nur dadurch, daß er vom Geistigen ausging, konnte er sie in ihrem ganzen Umfang, nach oben und unten überschauen. Es ist Rudolf Steiner. Sein Schauen, nach oben gerichtet, ergab eine Genealogie der Götter. Sein Schauen, nach unten gerichtet, eine Entwicklungsgeschichte der Natur. Wie der Mensch durch seine Wesensglieder verflochten ist mit Himmel und Erde, hat dieser Forscher in dem wundersam ausziselierten Kapitel seiner Geheimwissenschaft ‚Die WeltentwickJung und der Mensch“ dargestellt.

Rudolf Steiners Methode gibt dem Erkenntnissuchenden die Möglichkeit, jenes vorsokratische Seelenbewußtsein, das Bachofen aus philologischen Gründen heraus annehmen mußte und das Nietzsche in künstlerischer Begeisterung nachschaffen wollte, vom Geiste her zu erfassen.

Steiner zeigt im zweiten Teile seiner Geheimwissenschaft, in dem Abschnitt „Die Erkenntnis der höheren Welten“, wie sich das innere Wesen des Menschen mittels geistig-seelischer Übungen zum Instrumente bilden kann, frühere Entwicklungstadien der Menschheit, die dem intellektuellen Bewußtsein unverständlich geworden sind, in ihrem Woher und Wohin wiederum zu begreifen. Er gelangt durch diese geisteswissenschaftliche Methodik dazu, den Mythos als den Niederschlag eines instinktiven Hellsehens zu erkennen, das heißt einer Seelenverfassung, die heute verklungen ist und nur noch sporadisch in degenerierter, krankhafter Weise auftritt.