Der Künstler zwischen Westen und Osten

dionysische Weltanschauung 79

Pallas Athene, die sein Herz reitet und in die Hüfte des Zeus versetzt, eine neue Rinheit.

Wer sich in das Wesen des Zeus (der bekanntlich im späteren Griechentum zum voos, zum Weltverstand, wurde) versetzt und sich fragt: Zu was wird das Herz des Dionysos, der Pulsschlag der Ichheit, einverleibt der Lende des Zeus, dem schöpferischen Weltverstand kann nicht anders antworten als: zur selbstbewußten Macht des Wissens, zur kulturbildenden Intelligenz.

Diese aber über die Welt zu verbreiten, war die Tat des jüngeren Dionysos. Er brachte mit seinem Zuge, den Faunen und Silenen, mit der Weinkultur, eine neue Lebensweise. Sie ist oberflächlicher als die des Zagreus. Aber sie rettet das Ich vor der Vereinzelung, der Zerstückelung, dem einsamen Schmerze. Sie schafft ein neues Weltbild, das sich nach und nach (über Sokrates) zur heutigen wissenschaftlichen Denkweise ausgestaltet hat.

Dionysos ist Mensch. Er ist auf die Erde gestiegen. Er reicht tief in die Niederungen. Er leidet mit und Jauchzt mit. Er empfindet alle Entzückungen und schleppt alle Verschuldungen des Menschengeschlechtes. Denn er unterliegt der Erbsünde.

Aber er ruft die Götter unermüdlich an, daß sie ihm helfen, wieder emporzusteigen in das Licht, dem er entstammt. In den Mysterien erscheint dem dionysischen Epopten sein göttlicher Teil: der ewige Dionysos. In diesem suchte er seine Ergänzung, seine Gesundung, seine geistige Wiedergeburt.