Der Künstler zwischen Westen und Osten

dionysische Weltanschauung 81

Merkur und Venus sind Abwandlungen des apollinischen Prinzipes. Sie sprechen in vielfältigen Metamorphosen das Wesen der leuchtenden Gottheit aus. Wie ihr wechselndes Antlitz sind sie.

Endlich aber steigt Apollo als Töter des Drachen Python bis in die Nebelregion der Erde und versendet seinen Sonnenpfeil gegen die erdgeborene Schlange. Und über dem Schlund, worin sie wohnte und ihren dampfenden Atem emporhauchte, wird sein Tempel errichtet. Jetzt vermag Apollo durch Pythia, die Erbin des gynaikokratischen Zeitalters, zu sprechen, zu prophezeien, zu heilen. Er ist der Heil-Gott. Er heilt vor allem Dionysos selbst, dessen Seelenkräfte in einem verderblichen Aufruhr sind. Denken, Fühlen und Wollen, die auseinanderklaffen, um sich im Wahnsinn zu vermengen, bringt er wiederum in Einklang.

Aber als die Zeit erfüllt ist, erscheint Apollo auf der Erde selbst.

Wer ist jenes lichte, milde, schuldlose, heilige und heilende Wesen?

Es ist, um mit den Worten des Evangeliums zu sprechen, „der Aufgang aus der Höhe, der jenen erscheint, die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes“ (Lukas I, 79). Es ist der nathanische Jesusknabe, den das Lukasevangelium verkündet.

Hier geben sich diese beiden Wesen, das menschliche, das von unten kommt, und das himmlische, das von oben kommt, die Hände. Hier werden sie geislige Brüder. Hier ist die große Synthese des Apolloprinzipes

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