Der Künstler zwischen Westen und Osten

86 Pathologische und therapeutische

läutert, die Geschichtsphilosophie strikte ab, und zwar deshalb, weil es ihm borniert scheint, zu glauben, daß die Vernunft, „der einzige Gedanke, den die Philosophie mitbringe“, die Welt beherrsche. „Die behutsam eingeleitete Lehre von der Perfektibilität, das heißt dem bekannten sogenannten Fortschritt‘, stößt ihn ab. „Wir sind aber nicht eingeweiht in die Zwecke der ewigen Weisheit und kennen sie nicht. Dieses kecke Antizipieren eines Weltplanes führt zu Irrtümern, weil es von irrigen Prämissen ausgeht.“

Er hat jedoch mit Hegel eines gemeinsam, die protestantische Gesinnung. Deshalb übergibt er sich nicht den katholischen Dogmen, obschon er — gerade als Geschichtskundiger — auf Schritt und Tritt sieht, wie kulturbildend sie bis ins Mittelalter hinein gewirkt haben. „Ihr besonderes Recht hat die religiöse Geschichtsübersicht, für die das große Vorbild Augustins Werk de civitate dei ist, das an der Spitze aller Theodizeen steht. Uns geht es hier nichts an.

Ebenso kurz und bündig erledigt er den heraufkommenden Sozialismus. „Auch andere Weltpotenzen mögen die Geschichte nach ihrer Art ausdeuten und ausbeuten, z. B. die Sozialisten mit ihren Geschichten des Volkes.

Er ist entsagender Individualist, in keinem Parlamente denkbar. Er gibt sich mit der Polis ab, aber nicht mit der Politik. Das verleiht ihm die vornehmstille Haltung, daß er sich über die Parteien stellt und von vornherein verzichtet, sie eines Besseren zu belehren .