Der Künstler zwischen Westen und Osten

88 Pathologische und therapeutische

die Schranken der Erkenntnis zu durchbrechen. Statt ein Seher wird er ein Chronist. Hätte er Freund Hein von der „andern Seite“ aus gesehen, so würde er in ihm den Engel erblickt haben, der schon vor der Geburt sein Begleiter gewesen ist und ihn aus der Vergangenheit herübergeführt hat. Er würde die griechische Kulturgeschichte nicht mit dem Weltschmerz des Ignorabımus-Gelehrten durchtränkt haben, sondern mit dem Lebensgefühl, das einmal in ihm selbst pulsiert hatte, als er noch Angehöriger einer früheren Kultur gewesen war, der die Geistesschau noch nicht erloschen. Denn wir heutigen Menschen sind es, welche in Indien, Ägypten, Griechenland gelebt haben. Wir tragen die Früchte vergangener Kulturen, die Keime künftiger in uns.

„Unser Ausgangspunkt ist der vom einzigen bleibenden und für uns möglichen Zentrum, vom duldenden, strebenden und handelnden Menschen, — wıe er ist und immer war und sein wird.“

Vordersatz und Nachsatz wirken, wenn man sıch ın sie hineinleben will, als etwas Gegensätzliches. Im Vordersatz ist das Individuelle, im Nachsatz das Generelle gemeint. Im Vordersatz erscheint der Geist als wandelbar, im Nachsatz als konstant. Im Vordersatz fühlt man Freiheit, im Nachsatz Notwendigkeit. Im Vordersatz ist ein christliches, im Nachsatz ein jahvıstisches Element enthalten. Um das letztere zu überwinden, hätte sich Burckhardt zu der Einsicht in die wiederholten Erdenleben aufschwingen müssen.

Und er warf bekanntlich die Frage auf, „ob die