Die Französische Revolution

166 Anhang.

fannt habe, von vornherein unfähig geweſen, ein Amt zu bekleiden ; überdies habe er Frankreich den republikaniſchen Maximen Genfs anpaſſen wollen !). Jſſt ferner Unheil über das Land hereingebrochen, etwa eine Teuerung, ſo entgeht Ne>er nicht dem Verdachte, ſie für ſeine demagogiſchen Zwe>e veranlaßt zu haben. Was ſollen wir weiter in ſeiner Behauptung ?) ſagen, daß Necker den Begriff der öffentlichen Meinung erfunden habe, „pour mieux gouverner despotiquement“, daß er aus dieſem Grunde die Fundamentalgeſeze erſchüttert habe? Dieſe Auseinanderſehungen Barentins ſind zumeiſt re<t angreifbar und vermögen von vornherein den Wert der Quelle herabzuſezen, Aber laſſen wir nicht die pſychiſhen Bedingungen außer acht, unter denen er ſchreibt; und auh ſeinen Jntereſſenkreis gilt es zu berü>ſichtigen ?): Haß gegen Ne>er führt ihm die Feder, und Trauer um die entſchwundene Herrlichkeit der Privilegierten — denn dieſe ſteht ihm höher als die der Krone — läßt ihm alle Maßnahmen ſeines Gegners in düſterem Lichte erſcheinen. „Wie ſollte Neigung und Abneigung nicht, wenn auch leiſe und unvermerkt, in die Darſtellung übergehen? Ein Jrrtum iſ no< keine Verfälſchung“ — äußert Ranke, als er Commines' Memoiren beſpricht. Obgleich wir Barentin wegen jener Stimmung eine gewiſſe Befangenheit und Einſeitigkeit des Urteils zugute halten wollen, die Tendenz tritt hon in den angeführten Proben gar zu wenig leiſe und unvermerkt hervor. — Es iſ aber noch nötig, offenbare Verfälſchungen nachzuweiſen.

Wie geſagt, liegt der Schwerpunkt des Buches in der Darſtellung der Ereigniſſe, die ſich im erſten Halbjahr 1789 abſpielen; denn für dieſe Zeit iſt ſein Verfaſſer Augenzeuge. Die moderne pſychologiſche Forſchung ©) hat nun gelehrt, wie unzuverläſſig oftmals auch deren Ausſagen über einen Vorgang ſein können, namentli<h wenn er überraſchend kommt und \ih aufregend abſpielt. Das bleibt zu be-

1) A. a. O. S. 76. 83. 121 f. 142f. 252. Überhaupt habe Ne>er die Macht des Königs zugunſten der des Volkes erſchüttern wollen. Auch S. 112. 170 und 177.

2) A. a. O. S. 44. 45.

3) Bernheim, Lehrbuch der hiſtoriſhen Methode (Leipzig 1894), S. 511 f. Zur Würdigung der pſychologiſhen Momente mahnt ferner den Quellenkritiker Glagau in dem Buche „Die moderne Selbſtbiographie als hiſtoriſhe Quelle“ (Marburg 1903), S. 91.

4) Leider waren die Arbeiten v. Liſzts und Sterns nur in einem kleinen Referat zugänglich.