Die Französische Revolution
12 Erſtes Kapitel.
gebrachten Steuern und durch die Mitarbeit weiterer Kreiſe am Staats= wohl zugeführt wurde; wie viele Ströme von Blut, die in der Franzö= ſiſchen Revolution gefloſſen, hätten ſih durch die Einſicht der Regierung erſparen laſſen! Andere gingen noh weiter. Schon Voltaire hatte in ſeinen philoſophiſchen Briefen ſowie in ſeiner „Henriade“ auf die engliſche Verfaſſung als Vorbild für die künftige franzöſiſche hingewieſen, obgleich er jene nur oberflächlich fannte "). Die Vertretung der Volksintereſſen dem König gegenüber dur<h Deputierte hatte es ihm angetan, und er ruft begeiſtert aus : „Heureux lorsque le peuple, instruit dans son devoir,
Respecte, autant qu’il doit, le souverain pouvoir!
Plus heureux lorsqu’un roi doux, juste et politique,
Respecte, autant qu’il doit, la liberté publique.“
Freiheit und Gleichheit, das war zuerſt ſeine Loſung. Dieſen Gedanken, welche von ihm ſchon in den zwanziger Jahren des Jahrhunderts geäußert waren und die eine Reaktion gegen das herrſchende Syſtem bedeuteten, verſchafften aber er Montesquieu einen weiteren Wirkungskreis, indem er den bewegten Geiſtern eine gewiſſe Direktive gab. Vor allen Dingen hat er den Unterſchied zwiſchen Monarchie und Deſpotie deutlich herausgearbeitet ?); ſeine ideale Verfaſſung, die eine Art Abſtraktion der engliſchen war, ſtellte ferner ein Kompromiß dar zwiſchen Monarchie und der Demokratie; auch finden ſich bei ihm die erſten Grundzüge des allgemeinen Wahlrechts ®?). Durch ihn ging dann den Franzoſen das Jdeal einer konſtitutionellen Monarchie (auf Koſten des S. 10 beſprochenen Beamtenſtaates) — ih möchte ſagen in Fleiſ<h und Blut über, wenn auh Montesquieu verkannt hat, wie viele Mängel — etwa die Regierung einzelner Parteien ©) — ſeinem engliſchen Jdeale damals noch anhafteten, Mängel, die in einer ſpäteren Zeit erſt — ungefähr parallel zu Ludwigs XVT. Reformverſuchen der jüngere Pitt abgeſchafft hat. Seit der Zeit war alſo überall der RNuf „Reform der Verfaſſung“ verbreitet.
Erwähnenswert iſ noh, daß damals auch der ältere Mirabeau,
1) Hettner a. a. O. S. 217.
2) Koch a. a. O. Bd. II, S. 25.
3) „Tous les citoyens, dans les divers districts, doivent avoir droit de donner leur voix pour choisir le représentant, excepté ceux, qui sont dans un tel état de basses8e . . .“ („De lesprit des lois“, Livre XI., Ch. VI.).
4) v. Gneiſt, Engliſhe Verfaſſung8geſchichte (Berlin 1882), S. 704—710.