Die Französische Revolution

18 Zweites Kapitel.

freiheit genoſſen. Die auswärtige Politik war alſo abhängig von der Geſtaltung der Finanzen *). Dieſem hätte ſih dur<h Aufhebung derſelben ſowie dur<h Säkulariſation beikommen laſſen; aber wenn auh die namentlih dur<h Voltaire hervorgerufene Gleichgültigkeit ?) der Franzoſen gegenüber dem Katholizismus ihrer Regierung zuſtatten gefommen wäre, war der neue König von religiöſen Bedenken der Art frei, um eine ſolche Maßnahme anzuregen oder bloß gutzuheißen, eine Maßnahme, zu der ſich Männer wie Philipp IT. von Spanien und Ludwig XIV. in der Not des Vaterlandes verſtanden hatten? Auch der Adel, wie erwähnt, genoß damals ſeine Sonderrechte nicht mehr zu Recht. Darum war aber die Aufhebung nichts weniger als leicht, vielleicht hatte fie ſogar einen Bürgerkrieg zur Folge. Wie die kräftige Fauſt Luthers uns von den ſcholaſtiſchen Formen erlöſt, Bismar> uns das neue Reich geſchmiedet hatte, ſo konnte auh hier nur ein Genius ®) es wagen, ſein Vaterland von dieſen politiſchen Feſſeln zu befreien; denn es war das Problem, Aufgaben, welche faſt die ganze Welt (in Anbetracht des Wettbewerbs mit England) umſpannten, gerecht zu werden, und das mit Mitteln, welche zur Löſung derſelben vorläufig außer Verhältnis ſtanden.

Dieſe Hinweiſe werden genügen, um das Reformwerk als die Kräfte eines einzelnen Menſchen überſteigend erſcheinen zu laſſen: nur mit Unterſtüßung des Volkes hätte Ludwig XVI. dasſelbe verrichten und damit Frankreich zum mächtigſten Staat in der Chriſtenheit machen fönnen. Es traf ſi<h dabei günſtig, daß ein aufblühender, kräftiger Bürgerſtand den Stolz Frankreichs ausmachte, der in dem Maße ſih ſeiner Macht bewußt war, daß er einen Anteil an der Regierung erſtrebte. Nachdem ſo lange in Verfaſſung und Verwaltung den Anſprüchen der Privilegierten mehr oder weniger Rechnung getragen worden war und nachdem ja ſeit der Lawſchen Zeit ſich die tatſächlichen Machtverhältniſſe verſchoben hatten, ſo verlangte jener, daß den

1) Jouvencel (Le contrôleur général des finances s0us l’ancien régime, Paris 1901) ſieht daher in dem Finanzminiſter überhaupt den Leiter der Politik, wenigſtens in der damaligen Zeit: „il est le directeur véritable de la machine politique “,

2) v. Ranke, Päpſte, S. 698.

3) Au< Schmoller, Grundriß der allgemeinen Volkswirtſchaftslehre (Leipzig 1904, Bd. 11, S. 523) weiſt darauf hin, daß nur ein großer Regent dergleichen hätte leiſten können.