Die Französische Revolution
Zweites Kapitel. Ludwig XVI. bis 1787.
Welche Aufgaben übernahm nun der neue Herrſcher ?
Zweierlei war an ſih möglich: entweder ſeßte er auf der eben geſchaffenen Grundlage und unter Aufrechterhaltung derſelben die unbeſchränkte Regierung fort, oder er warf ſich der liberalen Bewegung und dem ſhon mächtigen Bürgertum — auf Koſten allerdings des Adels — in die Arme und ſuchte vielleiht in Anlehnung an das engliſche Vorbild den modernen Verfaſſungsſtaat zu ſchaffen, deſſen Kennzeichen !) eine Reihe von einheitlih geleiteten Lokalbehörden und „eine nah den Grundſäßen der Arbeitsteilung wohl gegliederte und verzweigte Zentralverwaltung ſind“, und als oberſtes Organ des Staatsförpers Königtum und parlamentariſche Vertretung.
Nach Machiavelli , Friedrih dem Großen und Bismar> iſt ‘nun die erſte Auſgabe eines Staatsmannes, ſein Land mächtiger zu machen, ihm eine angeſehene Stellung unter den Staaten zu verſchaffen, und wie dieſem Ziele gegenüber alles andere zurücßzuſtehen habe, ſo halten wohlverſtanden, nur zum Wohle des Volkes — Machiavelli und Bismar> ſogar eine Diktatur für notwendig, aber erſt, wenn die verfaſſungsmäßigen Organe verſagen. Wenn damals der franzöſiſche Nationalſtolz ſich aufbäumte ob der Schlappen, die Ludwig XV. erlitten, ſo war völlige Abkehr von dem Bündnis mit Öſterreich erforderlich. Aber nicht nur das: zum wirkungsvollen Auſtreten nah außen hin fonnte es ſich als nötig herausſtellen, Heer und Flotte zu reformieren. Das war wieder niht möglih ohne die ſchon oben erwähnte Aufhebung ſtändiſcher Privilegien, indem ja Adel und Klerus bisher Steuer-
1) Breyſig in Shmollers Jahrbuch für Geſeßgebung, Verwaltung. Jahrgang 1897, S. 1228. Scheibe, Die franzöſiſ<he Revolution. 2