Die Französische Revolution

Ludwig XVI. bis 1787. 25

überhaupt in Frage zu ſtellen. Wenn alſo Turgot die Schuld des früheren Herrſchers anerkannte, ſo hatte er jedenfalls das Verdienſt, jener mehr mittelalterlichen Auffaſſung von den Rechten des Staates gegenüber dem Bürger endgültig ein Ende zu machen, das Anſehen und den Glauben an die Ehrlichkeit der Regierung zu wahren, aber auch dem wirtſchaftlihen Aufſchwung des Bürgerſtandes keinen Eintrag zu tun. Da er nun von neuen Steuern oder Anleihen nichts wiſſen wollte, ſo gab es no< immer verſchiedene Möglichkeiten, um die finanzielle Lage des Staates zu heilen.

Als begeiſterter Phyſiokrat durfte er von der Befreiung der Wirtſchaſt und des Gewerbes, überhaupt von der Niederlegung der Schranken, welche ſih aus dem Mittelalter erhalten hatten, eine große Anregung für Verkehr und Gewerbe erwarten. So wurde denn im September 1774 die Freiheit des Getreidehandels (zwiſchen den einzelnen Provinzen, die, wie oben erwähnt, no<h immer in manchen Beziehungen hermetiſch gegeneinander abgeſchloſſen waren) ertlärt, „um das Recht des Eigentums und der Perſönlichkeit beſſer zu wahren“. An Härten und Unzufriedenheit hat es dennoch nicht gefehlt, und es riefen die dur<h Turgot ihrer Feſſeln ledig gewordenen Bauern ähnlih wie 1789 — Unruhen, den „Mehlkrieg“ hervor. — Auch durh Sparſamkeit in der Hofhaltung hätte ſih viel erreichen laſſen ; aber fonnte man davon bei dieſem Hofe, der ſih no<h immer als der Eigentümer des Staates wähnte, denken? Noch ein drittes Mittel gab es, welches zur Sanierung der Finanzen führen konnte: das war die Aufhebung der finanziellen Vorrechte, welche die privilegierten Stände noh immer genoſſen. Aber wie ſchwer ließ ſich das eine oder andere Mittel anwenden! Ganz abgeſehen davon, daß Ludwig ſeinen Diener ſeiner beſonderen Unterſtühung verſichert hatte !), war Turgot geſchaſſen, um ſo Rieſiges zu leiſten? Vor allem ſcheint ihm die Schmiegſamkeit des Staatsmannes gefehlt, und ſcheint er auf ſtarre Durchſührung ſeiner Prinzipien geſehen zu haben ?). Außerdem hatte er Feinde ringsum.

Schon die im Gedankenkreiſe des heiligen römiſchen Reiches erzogene Königin Marie Antoinette war ſehr wenig geneigt, dem Rufe nach

1) Jobez a. a. O. Bd. I, S. 176: „ne craignez rien, je vous soutiendrai toujours “.

2) „Es sistematico al estremo y cerrado en sus ideas“ ſagt der ſpaniſche Botſchafter in ſeinem Bericht vom 30. März 1775 über ihn (Span, Arch. 4068).