Die Französische Revolution

26 Zweites Kapitel.

Einſchränkung in den täglichen Ausgaben ihr gnädiges Ohr zu leihen. Dieſe, eine Tochter Maria Thereſias, welche mit kräftiger Hand nicht nur ihre eigenen Staaten verwaltet, ſondern au< Europa zu den großen Kriegen gegen Friedrih den Großen aufgerufen hatte, mochte !) wohl eine ſolche Stellung, wie ſie ihre Mutter innegehabt hatte, für ihr Jdeal halten: was der ſhwache Franz Stephan neben ihrer Mutter bedeutete, das — dachte ſie vielleicht — ſollte auh ihr Gemahl neben ihr zu bedeuten haben. — Jedenfalls tat ſie, die doh von vornherein als Königin mit mißgünſtigen Augen angeſehen wurde, alles, was dem Staatswohl zuwiderlief. Denn mochte Turgot noh ſo ſehr auf die Notlage des Staates hinweiſen, ſie entnahm 1775 tauſend Louisdor ?) der Staatskaſſe als ein Geſchenk für ihre Schwägerin, die Gräfin Artois, welche ſoeben entbunden worden war; in demſelben Jahre werden einer Miniſterwitwe 30000 Franken Penſion gewährt, ſo daß ſie ihren Gemahl um eine Beihilfe angehen muß. 1776 kauft fie für 250000 Livres Schmu>. Die Prinzeſſin Lamballe ?) erhält für ihr Amt als „surintendante de la maison de la reine“ 150 000 Livres jährlich. Schon dieſe Beiſpiele werden unſere obige Behauptung beſtätigen. Natürlich, ohne Auseinanderſezung iſ es mit Turgot nicht abgegangen. Und was war ſhließli<h das Ergebnis? Marie Antoinette nahm immer mehr eine feindſelige Stellung gegen ihn ein.

Sie blieb nicht allein: noh andere Kreiſe ſagten ſich von jenem los. Er hatte nämli<h — im Januar 1776 — beantragt, die Rechte des Adels einzuſchränken und ihn zu den Wegebaulaſten heranzuziehen): wenn er auch ſehr wohl wußte, wie wenig überhaupt die Privilegien des Adels und des Klerus in der damaligen Zeit noch Berechtigung hatten, hütete er ſih, auf einmal zuviel zu fordern. Aber auch das wenige erſchien dieſem als eine Änderung der Verfaſſung.

Über dieſe Hinderniſſe hätte ſi<h Turgot hinwegſezen können, \olange als ſein Herr ſich des ihm gegebenen Verſprechens erinnerte und ihn gegen die Feinde beſchüßte. Aber auch hier hatte jener bald am

1) Daudets Aufſaß in „Revue des deux mondes“ (1904), Bd. XXII. Auch aus einer Äußerung Rankes (Revolutionskriege, S. 137) läßt \i< folgern, wie ſtark bei ihr die Erinnerung an ihre Mutter war.

2) de la Rocheterie, Les lettres de Marie Antoinette (Paris 1895). Der Brief vom 15. Sept. 1775 kommt in Betracht.

3) Koch a. a. O. Bd. II, S. 181.

4) Koch a. a. O. Bd. TI, S. 180.