Die Französische Revolution

28 Zweites Kapitel.

eine Oppoſition aus jenen Kreiſen erwachſen könnte. Deshalb kündigte er gleich für diefen Fall die Berufung der Lehnsträger an.

Das Ergebnis war doch, daß Ludwig durch jene Reſtitution ſich und ſeiner Reformtätigkeit ein ſ{hweres Hindernis in den Weg gelegt hatte; denn die Anſprüche der Parlamente wurzelten ja im mittelalterlichen Ständeſtaat, und dieſe hatten, indem ſie den Zuſammenhang mit dem wohlſituierten Bürgertum verloren, für die Aufgaben der modernen Zeit wenig oder gar kein Verſtändnis: kurzum, anſtatt eines Schrittes vorwärts in die moderne Zeit, machte er einen ſolchen rü>= wärts in das Mittelalter; dabei dachte er niht daran, ſeiner hohe Auffaſſung vom Königtum etwas zu vergeben. Denn, heißt es im Edikt 74, der König hat ſeine Gewalt nur von Gott und iſt daher nicht gewillt, irgendwelche andere Begrenzungen ſeiner Macht anzuerkennen als ſolche, die er ſich ſelber ſet, und wie die Kinder der Autorität des Vaters unterworfen ſind, ſo die Franzoſen der ſeinigen ; ſo hatte auch Friedrih Wilhelm TV. nicht leiden wollen, daß „ein Blatt Papier“ zwiſchen ihn und ſein Volk gelegt werde. Noch in anderer Beziehung hat er ſi<h Turgot nicht nur, ſondern auh den modernen Jdeen entgegengeſtemmt. Mochte jener mit Rückſicht auf die Koſten von der Krönung zu Reims abraten ") oder inſtändig ſeinen Herrn bitten, in ſeinem Krönungseide von der Verfluchung der Ketzer abzuſehen, Ludwig beharrte bei ſeinem Vorhaben, und die Feier ging am 11. Juni 1775 in der üblichen, ſhon ganz veralteten Form vor ſich ?). Im Mai 1776 wagte dann noh Turgot einen lezten Verſuch zu einer Reform der Staatsverfaſſung ?), indem er dem Könige den ſogenannten Munizipalitätenentwurf überreicht. Hier ſagt er, daß Frankreich noh feine Verfaſſung hat, daß zum mindeſten Provinzialverſammlungen eingerichtet werden müßten, in denen aber nur Männern von 600 Livres Grundeinkommen Siß und Stimme zukäme *). Dieſe Körperſchaften würden dann über die Neuregelung der Steuern in ihren Bezirken zu

1) Ludwig wollte eben ſeine unverminderte Machtſtellung vor ganz Frankreich zeigen. Koch a. a. O. Bd. TI, S. 178.

2) Koh a. a. O. Bd. 11, S. 179. Daher kann man Barentin niht beipflichten, wenn er dieſem ſagt (22), Ludwig habe ein Vorurteil gegen jene Körper= ſchaft gehabt.

3) A. On>en a. a. O. S. 453.

4) Alſo eine Art Selbſtverwaltung in der Provinz: die Anfänge eines franzöſiſchen self governement! Sepet a. a. O. GS. 83.