Die Französische Revolution
Ludwig XVT. bis 1787. 53
zollern in Spanien — alſo eine Einmiſchung in preußiſche Angelegenheiten — zuzulaſſen, ſo hatte er die gebührende Antwort erhalten. Die franzöſiſche Regierung hatte damals — aus Mangel an Geld — das nicht tun fönnen und die holländiſchen Freunde im Stich laſſen müſſen. Wie ſollte nun die leichtempfindlihe Volksſeele dieſen Schlag hinnehmen, während England wieder zur alten Macht emporgeſchnellt war? Was Wunder, wenn die Franzoſen in ihrer Empörung als Urheber des Rückganges der auswärtigen Macht die Regierung, beſonders die ſchon lange verhaßte Königin anſahen "), und noh mehr wuchs die Abneigung gegen Öſterreich, für das ſich Frankreich 1785 finanzielle Verpflichtungen auferlegt hatte, ohne daß ſih jenes erkenntlich gezeigt hätte. Noch lange ſollte dieſe Niederlage unvergeſſen ſein; denn noh in den Julitagen 1789 ſpielte ſie Mirabeau gegen die Regierung aus ?); ja Napoleon T. erbli>t darin ſogar den Hauptgrund für die Revolution *).
Denn in der Hebung der auswärtigen Macht „liegt der Schwerpunkt jeder praktiſchen Politik, die der Nation helfen ſoll, und nicht in den Verfaſſungsfragen ‘)“.
Am 25. Mai waren die Notabeln wieder entlaſſen worden: eine Tat, die niht zu mißbilligen war, ſchon da eine ſolche Körperſchaft nicht durh das Geſehß verlangt wurde. Ein bemerkenswertes Ereignis während Briennes Amtsführung war dann die Erlaubnis, daß in den Provinzialverſammlungen nicht mehr wie bisher nah Ständen, ſondern nach Köpfen abgeſtimmt werden durfte ®): bemerkenswert, weil nunmehr der Wunſch rege wurde, dieſen Modus auch auf die zu erwartenden Reichsſtände zu übertragen; ſo machte die Neuzeit auh auf dieſe aus dem Mittelalter ſtammende Vertretung ihre Anſprüche geltend. Ebenſo
1) Alvens[eben, der in außerordentlicher Miſſion na< Paris gegangen war, ſhreibt am 16. Okt. 1787, daß ſi< die Königin mehr denn je mit den Staats8angelegenheiten beſchäftige. Auch er ſieht den Kern der Verlegenheiten in den Mißbräuchen der Verwaltung.
2) Siehe ſeine Rede vom 8. Juli 1789: „Sur le renvoi des troupes“. „Pour gecourir des amis martyrs de leur fidélité envers nous, pour remplir nos engagements les plus sacrés, pour conserver notre considération politique, et cette alliance des Hollandais sí précieuse, mais si chèrement conquise, et surtout sì hontenusement perdue“ trat die Regierung nicht ein.
3) Zeitſchrift für Geſchicht8wiſſenſhaft Bd. IX, S. 183. Und die Franzoſen erhoben Anſpruch, das erſte Volk der Chriſtenheit zu ſein !
4) E. Meyer a. a. O. Bd. I, S. 368.
5) Laviſſe, Histoire générale, Bd. VII, S. 640.