Die Geheimlehre des Veda : ausgewählte Texte der Upanishad's
ee VII Die Geheimlehre des Veda. ei I Wer
der Sünde ist, antwortet die Bibel; weil es das Reich des Irrtums ist, antwortet der Veda. Jene sieht die Verderbnis im wollenden, dieser im erkennenden Teile des Menschen; jene fordert eine Umwandlung des Willens, dieser eine solche des Erkennens. Auf welcher Seite liegt hier die Wahrheit? — Wäre der Mensch blofs Wille oder blols Erkenntnis, so würden wir uns, dem entsprechend, für die eine oder andere Auffassung zu entscheiden haben. Nun aber der Mensch ein zugleich wollendes und erkennendes Wesen ist, so wird sich jene grolse Wendung, in welcher Bibel und Veda das Heil erblicken, auf beiden Gebieten vollziehen: sie wird erstlich, nach biblischer Anschauung, das im natürlichen Egoismus versteinerte Herz erweichen und zu Taten der Gerechtigkeit, Liebe und Selbstverleugnung fähig machen, und sie wird zweitens, Hand in Hand damit, in uns die grolse, Kant’s Lehre antizipierende, Erkenntnis der Upanishad’s aufdämmern lassen, dals diese ganze räumliche, folglich vielheitliche, folglich egoistische Weltordnung nur beruht auf einer, uns durch die Beschaffenheit unseres Intellektes eingeborenen Illusion (mäya), dafs es in Wahrheit nur ein ewiges, über Raum und Zeit, Vielheit und Werden erhabenes Wesen gibt, welches in allen Gestalten der Natur zur