Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

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"und Hegel die Kritik ertränkten. Seither aber erstand eine Schul- - a philosophie, die aus Kants Werken ihre Wehre baute. Mit der ee

Keule seines Kritizismus erschlug sie alles Große und Lebendige. Mit den Messern seiner Begrifisanalyse verletzte sie jede blühwillige junge Knospe. Auf dem Herdfieuer seines Moralismus E kochte sie die Suppen des bürgerlichen und sozialen Staates. e & Ganze Legionen schulmäßiger deutscher Köpfe fanden ihren Er Schutz hinter den von Kant geprägten Formeln und Vorurteilen. Zwei Tatbestände vornehmlich haben das ermöglicht. Erstens: Das Weltbild der mit Newton beginnenden europäischen Physik und Matematik ist die Voraussetzung der Lehre a Kants. An diesem Weltbild hat Kants Kritizismus seine Grenze. Die Bewußtseinswirklichkeit des abendländischen Menschen ist für Kant die sicherste: Gegebenheit der Erfahrung. Innerhalb dieser Erfahrungswirklichkeit scheidet er aufs deutlichste Form und Inhalt von Erfahrung und begründet die kaum noch überbiet-, bare Analysis der Wirklichkeit. Völlig ferne aber liegt Kant der Gedanke: diese wissenschaftliche Wirklichkeit menschlichen Bewußtseins und nicht minder der Menschheit sogenannte Weltgeschichte könne sein: das Caput mortuum eines weder räumlichen noch zeitlichen Elements. Eben darum ist Kants sogenannter Idealismus sowohl vom Akosmismus Berkeleys wie von dem der Inder weit verschieden. Kant vollendet eben nur die Gedankenarbeit Newtons. Zweitens: Mit Kant erscheint in reinster Ausprägung jener Denkertyp, bei welchem Philosophie nicht gewürdigt werden kann als Lebensspur und Lebensausdruck zeugender Naturgewalt; vielmehr der Mensch als ein Stück Leben durchaus unterschieden werden muß von seiner „objektiven Leistung“. Diese sachliche Wissenschaft ist so gewaltig, daß der Träger von seiner Leistung erdrückt wird; fast erinnernd an ein unbedeutende Schnecke, die als ein winziges Schleimklümpchen dennoch aus sich herausstellt ihr unübertrefiliches Kalkgehäuse. Einige geistliche Zeitgenossen Kants (Wasinski, Jachmann und Borowski) haben über den großen Denker Erinnerungen hinterlassen, welche zugleich Lächeln erwecken müssen und Ergriffenheit, halb komisch sind und halb rührend. Kants Leben — (der Stadtteil, wo er begraben liegt, heißt Löbe nicht) macht den Eindruck, als wenn sich aller Reichtum der Natur zurückgezogen habe in ein langsam vertrocknendes Schnecken-