Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

376 ° | dem kaukasischen, europäischem Menschen, unterworfen sein. Der ‚gute Europäer‘ tront dann glaubens- und aberglaubensirei,

ein gesunder Tugendlehrer und Wissenschaftler, über dem zum wohlgeordnetem Koordinatensystem gewandelten Leben.

49. Der Urstreit.

‚Das Eine fun, das Andere nicht lassen.‘

Wem von beiden Sollen: wir Recht geben? Ergeht es uns .doch angesichts solcher Gegenfüßler fast so, wie gegenüber zankenden Ehepaaren: so oft man dem einen von beiden lauscht, wird man geneigter, dem anderen Teile Recht zu geben,

Der große Urstreit ist wohl im ganzen Verlaufe der Geschichte menschlichen Denkens nie so krass und krall ans Licht getreten wie an den Weltgebäuden Arthur Schopenhauers und Eugen Dührings. Aber so wunderlich-widerspruchsvoll sind Menschenseelen, daß die Persönlichkeiten der beiden Denker ihre Weltanschauungen scheinbar Lüge straien, indem der weltüberwindende Wiliensverneiner uns als eines der beneidenswertesten Weltkinder, aber der lebenzugewandte Weltbejaher als ein unglücklicher Grillenjäger uns entgegentritt.

Schopenhauer, ein kerngesunder, überlebendiger, kerzengrader Mann, war wohl der einzige große Philosoph, der von früher Jugend an ohne Zugeständnisse an Zeit und Zeitgenossen, ohne Erwerbsnot und Brotsorgen, ohne Familienlasten und Arbeitspflichten einzig und allein leben konnte für die Höherbildung und Auswirkung seiner Selbst. Von der Fruchtlosigkeit sozialer Weltbeglückung überzeugt, (obwohl er sie als Schutzdamm gegen die Leiden des Daseins zu schätzen wußte), war er Mitleidsetiker in der Theorie, aber verfolgte doch für seine Person durchaus selbstbezügliche Ziele. Unabhängig, ohne Anhang, wohlbemittelt, feilte und bostelte er ein langes Leben lang ohne Hast und Rast, recht mit Liebe und frei von dem allzu bescheidenem Ehrgeiz der Eitlen an seinen wenigen aber auserlesenen Schriften. Bis zu seinem Tode besaß er eine unverwüstliche Gesundheit und hinter alle seiner klaren scharfblickenden Einsicht in die Nichtigkeit und das Leiden dieser Welt blühte eine freudige Kindlichkeit des Ge-

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