Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

italienische Süden, ja selbst die Landschaft der Tropen schwerlich reicher sein kann, wofern das Auge alle dieses noch unentdeckte Leben sehen lernt. Das Leben in einem Wassertropfen oder in einer Erdkrume ist nichtärmer, sondern nur unbekannter als die Gestaltenweli vor unsern Sinnen. Könnte es somit nicht sein, daß unsre Lebenswelt begrenzt ist durch vorurteilsvolle Gewohnheit unsrer Sinne, während doch das Lebendige

- überall gleich kräftig und gleich unermeßlich wirkt? Vielleicht haben die Geschöpfe der Zukunft andere Augen. Vielleicht einen vollkommen andersartigen Leib. Wie die christlichen Jahrtausende den nordischen Völkern gelehrt haben aus Nöten zu machen Tugenden, und Quälgeister zu wandeln in Quellgeister, so wird der neue Glaube vielleicht ungeahnte Herrlichkeiten entdecken, wo unsere Blindheit nur verzweifelt arbeitet auf nüchternen Kartoffeläckern der im Joch des Nutzens frohndenden Menschheit. Ein Blatt ist so reich, daß, wenn vom ganzen Frühling nur übrig bliebe das eine Blatt, dennoch übrig geblieben wäre der ganze Frühling.

d.

Y pax vobiscum.

Wir gerieten an einen Punkt der een von’ dem aus nur noch Eines ziemt: allliebendes Segnen. Daß Bewußtseinswirklichkeit in,Raum und Zeit nichts anderes ist als ein veriestigendes Ausscheiden und Abscheiden aus dem Naturelement, ein Reich der Verwirklichung und Vollendung und somit ein Ende, das bleibt unbestreitbar. Die Welt des bewußten Wissens samt Raum und Zeit ist mechanisch, syntetisch und tot. Aber ist nicht grade der Leichnam — Lebensspeise? Setzt nicht alles bildende Wachstum wieder an beim Abgeschiedenem und Ausgeschiedenem?

Der Tod läßt dich zur starren Form gerinnen Und dann kommt die Natur und löst dich auf.

Wie Kristalle sind Verkündisungen eines Elements, das durch Erleiden eines ungeheuren Druckes gezwungen wurde, sich zur reinsten und gebundensten Form zu steigern, so ist das “ Tote: Wort, Werk, Begriff, Dingwelt, Sachwelt, Wirklichkeit sowohl der Leichnam des Lebens wie des Lebens Vollendung. Und wie die Gesteinswelt, diese Sorgenrunzeln und Runen der Not im Antlitz der Erde, darin die Geschichte ihrer Leiden ver_ zeichnet steht, wieder Nahrung abgibt für organisches Wachstum, so ist die gesamte raumzeitliche Bewußtseinswirklichkeit