Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

A. Öſterreichs Gegenwehr und Demütigung. 43

daß ihm nach einem glücklichen Kriege die gleiche Stellung wie Öſterreich in Deutſchland zuteil werde und Kaiſer Franz huldigte wohl der Meinung, daß ein Frieden mit Napoleon einer Rettung dur< Preußen vorzuziehen ſei — eine Erwägung, wie ſie ein halbes Jahr=hundert ſpäter in ähnlicher Weiſe wiederholt wurde. Da auch die andern optimiſtiſ<hen Annahmen in nichts zerſtoben, entſchloß ſich Öſterreichs Monarch nochmals, energiſcher auf die Herſtellung eines Einvernehmens mit Napoleon hinzuſteuern. General Bubna wurde beauftragt, direkt mit Napoleon in Fühlung zu treten, und nach kurzer Zeit vereinbarte man, den Friedensfongreß in Ungariſch-Altenburg eines ſanften Todes ſterben zu laſſen und in Wien zu verhandeln.

Fürſt Johann Liechtenſtein und Bubna erhielten die undankbare Aufgabe, Napoleons Herz zu erweichen und das harte Los, das Öſter=reich bevorſtand, etwas zu mildern. über die Gebietsabtretungen vermochte man ſi<h in Schönbrunn leichter zu verſtändigen als über die Kriegsentſchädigung, um deren Höhe zähe gefeilſht wurde. Nachrichten, die aus Frankreich eintrafen, und der Anſchlag auf den Korſen, den der deutſche Paſtorsſohn Staps in nationaler Schwärmerei verſuchte, erzeugten in Napoleon den lebhaften Wunſch, raſh nah Paris zurückzukehren. Er ermäßigte die verlangte Kriegskontribution von 100 Millionen auf 75 Millionen, aber Champagny, der ruhiges Blut bewahrte, beſtand auf 85 Millionen. Fürſt Johann Liechtenſtein hatte von ſeinem Käiſer bloß die Erlaubnis erhalten, in die Zahlung von 30 Millionen einzuwilligen. Troß dieſer Be= ſchränkung ließ er ſich, nachdem er die ganze Nacht vom 13. auf den 14. Oktober erfolglos bemüht war, den franzöſiſchen Unterhändler zur Nachgiebigkeit zu bewegen, um 5 Uhr morgens herbei, den ihm aufgezwungenen drückenden Friedensvertrag zu unterſchreiben. Er behielt fich jedoch die nahträglihe Genehmigung dur< den Monar=chen vor. Jndes, Napoleon eilte und kümmerte ſih aus dieſem Grunde nicht um Formalitäten. Am Morgen des 14. Oktobers 1809 verkündeten den Wienern Kanonenſchüſſe, daß der Friede zu Schönbrunn geſchloſſen ſei und daß die Beſezung durch die Franzoſen ein Ende nehmen werde. Liechtenſtein war durch dieſe Über=rumpelung beſtürzt; er wollte bei Napoleon Vorſtellungen erheben, aber der Kaiſer hatte bereits Wien verlaſſen.

Traurig war das Schiſal Öſterreichs, 2000 Quadratmeilen Landes mit über 3 Millionen Einwohnern gingen neuerdings verloren. Nahezu jede Vrovinz erlitt eine Verkleinerung. Salzburg,