Geschichte der französischen Revolution

12 I. Kapitel. Sranfrei< vor der Revolution.

am günſtigſten in den erſten Jahren der Revolution, und 1830 iſt ungefähr wieder der Zuſtand erreiht wie vor 1789. Bettler und Vagabunden, Wilderer und S<hmuggler gab es im Verhältnis in Franfrei< kaum mehr als in manchen Provinzen des Deutſchen Reiches ; das Shlimme war nur, daß der Staat dieſen Elementen der Geſellſhaft gegenüber ziemli< verſagte.

Im ganzen waren die ſozialen Abſtufungen innerhalb der einzelnen Stände ſehr große. Der tiers-état zählte die Bourgeoiſie der großen Städte, Vertreter der Handels- und Finanzwelt, der Gewerbe und berufsmäßige Nichtstuer ebenſo in ſeinen Reihen wie Fabrikarbeiter, Bauern, Taglöhner und Dienſtboten. Don den etwa 26 600 Adelsfamilien führte, wenn wir von dem jüngeren Amtsadel abſehen, die alte Geburtsariſtofratie ein ſorg- und nutzloſes Shmaroßtzerdaſein bei Hofe, oder ſie verbrachte ihre Tage auf dem Lande, in ihren zahlreihen verlotterten Exemplaren an Bildung und Lebensführung von der übrigen ländlihen Bevölkerung kaum merfli< verſchieden. Von der Geiſtlihkeit nahmen die Biſchöfe, meiſt aus der Ariſtokratie hervorgegangen, eine ganz andere Stellung ein als der niedere Klerus ; zwiſchen beiden bewegten ſi< die Äbte. Bei den Klöſtern iſt infolge der geänderten Lebensintereſſen der Bevölferung ein bedeutender Rü>gang gegen früher zu konſtatieren.

So iſt das Bild des vorrevolutionären Franfrei<h gewiß im ganzen fein erfreuliches; aber von einem langſamen Selbſtmord kann man nur inſofern ſprechen, als die privilegierten Stände ſelbſt in ihrem Kreis die Ideen großgezogen haben, die nachher zur Revolution geführt haben. Das Land, das unter allen am rü>ſtändigſten ſih erwies, hat doh zugleich die AufÉlärung in Europa zum Siege geführt, deren poſitive Seite keineswegs zu unterſhäßen iſt. Wollte man ſie nur nach ihren Fehlgriffen und Auswüdchſen beurteilen, ſo wäre das niht gere<hter, als wenn man das Chriſtentum nur na< den Regerverfolgungen und Hexenprozeſſen einſ<häßen wollte. Sie hat erſt das Mittelalter völlig beſeitigt und geerntet, was in den leßten drei Jahrhunderten geſät worden war; ſie hat dadurh das Fundament errichtet, auf dem die moderne Kultur bis heute beruht, und das iſt au<h da anzuerkennen, wo man, wie hier, ſi<h vorwiegend mit den ihr innewohnenden deſtruktiven Tendenzen zu befaſſen hat. Im Mittelalter iſt alle Wiſſenſchaft