Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Napoleon's Ankunft in Rochefort. 335?

war gänzlich aufgebraucht. Es blieb nur noh der Nachklang ſeines Namens übrig.

Na langem ſi Hin - und Herwenden , Beſchließen und Verwerfen: ward Napoleon am 29. Juni Nachmittags um fünf Uhr endlih ange= kündigt, daß Alles zur Abreiſe von Malmaiſon in Bereitſchaft ſtehe. Exumarmte ſeine Stieftohter Hortenſia, die in Thränen zerfloß, ſprah einige kurze Worte des Dankes an die Officiere und Soldaten ſeiner Garde, die mit ſtummer Trauer ihn ſi< entfernen ſahen, und wandte ſi mehrmals um, um die Gänge und Gebüſche von Malmaiſon no< einmal zu betrachten.

Schon war eine koſtbare Zeit zu ſeiner Rettung verloren gegangen. Wenn er ſeine Lage kaltblütig überdacht und glei nach ſeiner Entſagung: Frankreich verlaſſen hätte , ſo würde ſeine Flucht unfehlbar gelungen ſein. Auch jeßt war ſie noh mögli, wenn er, ohne ſi unterwegs aufzuhalten, nah einem Hafen an der Weſtküſte geeilt, und dort ein Schiff nah Amerika geſucht hätte. Statt deſſen aber brate er eine Nacht und einen halben Tag in Rambouillet zu, einem ſeiner Luſtſchlöſſer , ſo, als hätte er ſich von den Zeugen ſeines ehemaligen Glanzes niht trennen können. In Niort blieb er ebenfalls viel länger als nöthig war. Von der Be=z geiſterung der dort garniſonirenden Truppen berauſcht, dachte er von Neuem daran , ſich an die Spitze der Armee zu ſtellen, und ſchi>te einen Eilboten mit dieſem Verlangen an die proviſoriſche Regierung ab.

Als Napoleon endlich am 3. Juli in Rochefort ankam, fand er im dortigen Hafen zwei Fregatten vor, die von der proviſoriſchen Regierung zu ſeiner Verfügung geſtellt worden. Aber er hatte dur ſeine Zögerungen den Engländern Zeit gelaſſen , die franzöſiſchen Häfen zu blokiren. Ein ſtarkes engliſches Geſchwader bewachte die beiden Ausgänge der Rhede von Rochefort. Es wäre gefährlich geweſen, die Flucht mit denbeiden Fregatten bewerkſtelligen zu wollen. Die in Rochefort verſammelten Seeleute, Napoleon aufrichtig zugethan, ſuchten nah anderen Mitteln: der Rettung für ihn. Es waren mehre leichte Fahrzeuge vorhanden, welche dur< ihre Schnelligkeit den engliſchen Kriegsſchiffen entgehen konnten. Ein durc ſeine Unerſchro>enheit und Geſchiklichkeit bekannter franzöſiſcher Schiffskapitain, Namens Baudin, bot ihm ſeine Dienſte an. Ein däniſcher that daſſelbe. Er konnte zu keinem Entſchluß kommen. In: unerklärbarer Verblendung erwartete er die Antwort auf den von ihm ge= maten Antrag, den Oberbefehl über die Armee zu übernehmen. Dieſe Antwort war, wie vorauszuſehen , ablehnend, denn an demſelben Tage ward die Kapitulation von Paris abgeſchloſſen, und mit dem Beſehl an