Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

336 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

den Militairkommandanten verbunden, Napoleon zur Einſchiffung nöthi= genfalls zu zwingen.

Napoleon zögerte noh immer. Er ließ ſich na< der Rochefort gegen= überliegenden Inſel Aix bringen. Die Bevölkerung nahm ihn mit Jubel auf. Er beſichtigte das dort liegende Marineregiment, ſo, als wenn er ſi ſelbſt über ſeine Lage hätte täuſchen wollen. Eine Anzahl junger See= officiere erbot ſi, ihn auf kleinen raſchen Fahrzeugen dur die engliſchen Kreuzer hindurhzubringen. Er verwarf den Antrag. Es war, als fürch= tete er nihts mehr , als den Ocean zwiſchen ſich und Frankreich zu ſehen. Er hoffte no< immer etwas von dieſer leßtern Seite her , von woher ihm gerade, ſeitdem die Bourbonen wieder eingeſezt worden , die größten Ge= fahren drohen konnten.

Am 9. Zuli ſhi>te Napoleon den Grafen de Las Caſes, einen ehe= maligen Ausgewanderten, der aber ſpäter in den kaiſerlichen Hofdienſt ge= treten, und jeßt ſeinen Gebieter überall hin zu begleiten entſchloſſen war, zu dem engliſchen Kapitain Maitland , der mit dem Bellerophon vor der Inſel Oleron kreuzte, um zu erfahren, welce Aufnahme der entthronte Kaiſer zu erwarten habe, wenn er bei ihm eine Zuflucht ſuchen ſollte. Maitland erwiederte , ohne Verhaltung8vorſchriſten für einen ſolchen Fall zu ſein, und wies Las Caſes an den Admiral Hotham, der das engliſche Geſchwader an der franzöſiſchen Weſtküſte befehligte, erklärte aber zugleich, daß er die franzöſiſchen oder neutralen Schiffe, die Napoleon an Bord hätten, angreifen , ihn ſelbſt als Gefangenen anſehen, und zur Verfügung ſeiner Regierung ſtellen würde.

Napoleon ward betroffen, als er dieſe Erklärung vernahm, obgleich er ſie vorausſehen konnte. Die engliſchen Kreuzer legten ſich jet näher vor die Ausgänge der Rhede, um die franzöſiſchen Schiffe beſſer beob= achten zu können. Auch jet ſ<wankte Napoleon noch, der in dieſer Uebergangs8epoche ſeines Daſeins ſi unentf<loſſener zeigte, als die meiſten gewöhnlichen Menſchen in ſeiner Lage gethan haben würden Die See= leute, die ihm früher ihre Dienſte angeboten , thaten es von Neuem. Es ſchien ihnen ſhimpfli flir ſie ſelbſt zu ſein, ihren ehemaligen Gebieter in die Gewalt ſeiner Feinde fallen zu laſſen. Er nahm envlich den Vor= ſlag einiger jungen Marineofficiere an, die ihn und ſein Gefolge, auf mehren großen Fiſcherkähnen, aus dem Hafen und über den Ocean nah Amerika zu bringen ſi anheiſchig machten. Das Unternehmen wäre aus= führbar und mit keinen anderen Gefahren verbunden geweſen, als ſolchen, denen Napoleon mehr wie einmal getroßt hatte. Was er am meiſten hätte fürchten ſollen, war die Gefangenſchaft. Schon war Alles vorbereitet,