Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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ſchuldig befunden, ſo ſtre>te der Vorſißende die Degenſpize in die Höhe. Dann wurde der Gefangene abgeführt, gelangte in Freiheit und blieb am Leben. Wurde dagegen der Angeklagte für \{huldig befunden, fo wurde die Degenſpihe geſenkt und der Präſident ſagte: „Bringt den Herrn da nach der Force !“ oder: „Man kann den Gefangenen hinauslaſſen !“ oder: „Jun die Abtei!“ oder auh: „Nach Koblenz mit ihm!“ Dann erfaßten den Gefangenen zwei oder drei Mann, ein Gefängnißwärter öffnete die Thür, und ſobald der Gefangene hinaustrat, ward er niedergemacht. Den das Hinrichtungswerk vollziehenden „Tödtern“ (tueurs) wurde nachträglih für ihre Arbeit ein hohes Taggeld bezahlt.

Marat ſchreibt im „Journal de la Republique françaiſe“ unterm 6. Oftober 1792:

„Sh beſand mich im Ueberwachungs-Komitee, als man dort meldete, daß das Volk ſoeben mehrere widerſpänſtige, wegen Umtriebe angeſchuldigte und vom Komitee in die Force geſchi>te Prieſter den Händen der Wache entriſſen und ſie getödtet hatte, und daß das Volk nah den Geſängniſſen zu ziehen drohte. Bei dieſer Nachricht riefen Panis und ich wie dur< Eingebung aus: Laßt uns die kleinen Delinquenten, die armen Schuldner, die wegen Schlägereien Eingeſperrteu retten! — Das Komitee gab ſofort verſchiedenen Kerkermeiſtern Befehl, ſie von den großen Miſſethätern, von den revolutionsfeindlihen Verräthern zu trennen, damit das Volk nicht in die Lage käme, Unſchuldige hinzuopfern. Die Abtrennung war geſchehen, als die Gefängniſſe erbrochen wurden ; allein unſere Vorſicht zeigte ſi<h unnöthig wegen der Aufmerkſamkeit, welche der Volksrichter, *) der das Amt eines Tribuns bei dieſer Expedition verſah, an den Tag legte, indem derſelbe die GefangenenRegiſter einſah, um alle Diejenigen loszulaſſen, welhe das Ueberwachungs-Komitee hatte von den Uebrigen trennen laſſen : eine Vorſicht, die der Despot gewiß niht beobachtet hätte, wenn er am 10. Auguſt geſiegt hätte. Das ſind Thatſachen zur Entgegnung auf die Verleumdung, womit die Berichte über die Ereigniſſe des 2. und 3. September entſtellt worden ſind.“

Bei der erſten Nachricht von den in den Gefängniſſen vox ſich gehenden Niedermeßelungen war Robespierre voller Schre>en mit Petion und Bavrère zu Danton gelaufen, um dieſen zum Einſchreiten aufzufordern. Allein Danton antwortete auf die Vorſtellungen, die ihm der aus der Monarchie mit in die Revolution herübergenommene beſchränkte Unterthanenverſtand dieſer drei Männer machte, ſehr kühl: „Möge immerhin das Gedächtniß an mich untergehen, wenn nur Frankreih gerettet wird!“ Auch der Journaliſt Michel Philipp Mandar, der Vizepräſident der Sektion des Tempels, lief zu gleihem Zwed>e, aber erſt am 3, September Abends 6 Uhr, zu Danton. Er traf bei ihm alle Miniſter mit Ausnahme Roland's, die Sekretäre der Geſehzgebenden Verſammlung, Robespierre, Petion, Camille Desmoulins, Fabre d'Eglantine, Manuel und andere Mitglieder der Kommune, ſowie die ſämmtlichen Präſidenten und Kommiſſäre der 48 Sektionen von Paris

*) Wahrſcheinlich iſt Maillard gemeint.