Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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in ſeinem Bericht unterm 7. November dafür aus, daß dem Könige der Prozeß zu machen ſei und daß der Konvent Ludwig richten müſſe. Der Berichterſtatter Mailhe machte geltend, daß Ludwig durch die Konſtitution nux inſofern unverantwortlih und unvexrleßlih geweſen ſei, als er fonſtitutioneller König geweſen ſei, das heißt nur inſofern, als ſeine Miniſter für ihn die Verantwortlichkeit getragen hätten. Jndem er gegen die Nation fonſpirirt und ſeine Handlungen niht dur< die Miniſter gede>t habe, habe er niht als fonſtitutioneller König, ſondern als Privatmann gehandelt und ſei den Geſeßen unterworfen. Auf ihn müſſe die Beſtimmung des Strafrechts bezüglih der Verſhwörer und Verräther in Anwendung gebraht werden. Da ein außergewöhnlicher Fall vorliege, könne die Sache niht dur<h ein gewöhnliches Gericht entſchieden werden. Dagegen ſei der Konvent kompetent, weil er die ganze Nation und folglich alle Jutereſſen in ih \ſ<ließe, deun die Geſammtheit der Jutereſſen bilde die Gerechtigkeit.

Die Verhandlungen des Konvents über die Verurtheilung des Königs begannen den 13. November und ſ{<leppten ſih über zwei Monate hiu. Die unſaubern Deputirxten hatten jeßt niht nur Gelegenheit, glänzende Reden zu halten, ſondern auch, ſih beſtehen zu laſſen. So z. B,. war allein dem ſpaniſchen Geſandten Hrn. v. Ocariz von ſeiner Regierung ein Kredit von zwei Millionen Fraucs behufs Rettung des Königs angewieſen. Aus dergleichen Rettungsverſuchen erklärt ſich hauptſählih die Länge der Diskuſſionen des Konventes. Doch hatte die Länge und Ausführlichkeit der Verhandlungen für die Revolution den großen Vortheil, daß die Anſichten der den Tod des Königs fordernden Revolutionäre, da ſie konſequent waren, in Paris und im ganzen Lande um ſi<h griffen, und daß ſi<h hierdur<h die Zahl der Republikaner beträchtlich vermehrte.

Am 11, Dezember, um 1 Uhr Nachmittags, erſchienen beim Könige im Tempel Chambon, der neue Maire von Paris, nebſt zahlreihem Gefolge, Der König wußte ſchon, was ſie wollten ; denn ſein Kammer- , diener Clery hatte mit der Außenwelt eine Verbindung hergeſtellt.

Dex Maire verlas das Dekret, welches verfügte, daß Ludwig Capet vor die Schrauken des Konvents geführt werden ſollte. Der König antwortete: „Capet iſ nicht mein Name; es iſt der Zuname eines meiner Altvordern. Ich hätte, mein Herr, gewünſcht, daß die Kommiſſäre die zwei Stunden, während deren ih auf ſie gewartet habe, mir meinen Sohn gelaſſen hätten. Uebrigens iſt dieſe Behandlung nux eine Fortſeßung von Dem, was ih ſeit vier Monaten exlitten habe. ... Jch will Jhnen folgen, nicht um dem Konvente zu gehorchen, ſondern weil meine Feinde die Macht in Händen haben.“

Der König ſtieg in die Kutſche des Maires, und der Zug ſette ſih unter dem Befehle Santerre's in Marſh. Das Volk von Paris war für den Tod des Königs. Daher war die Bede>ung des Zuges verhältnißmäßig ſehr gering. Man wußte, daß die wenigen Anhänger des Königs feine Störung, feinen Befreiungsverſuch wagen würden. Bloß 600 Mann Militär umgaben die Kutſche. Voran giug und folgte