Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

— 110 einige Kavallerie mit drei Kanonen. Der Weg dur< Paris nah dem Konvent dauerte lange. Die Bevölkerung verhielt fi<h ſtill, obſchon ſich ungeheure Menſchenmaſſen auf dem Wege drängten. Die große Mehrzahl des Pariſer Volks wax revolutionär.

Santerre trat in den Sizungsſaal des Konvents und meldete den Deputirten: „Jh habe die Ehre, Sie zu benachrichtigen, daß ih Jhr Dekret in Ausführung gebracht habe. Louis Capet erwartet Jhre Befehle.“

Ludwig, in einen weißen Ueberro> gekleidet, wurde vorgeführt. Ihn begleitete Santerre, der General Berruyer und zwei MunizipalBeamte. Die Wache blieb an der Saalthür ſtehen. Dex Vorſißende Barèxe ſagte zu ihm: „Louis, die franzöſiſche Nation klagt Sie an. Die National-Verſammlung hat verfügt, daß Sie von ihr abgeurtheilt und vor ihre Schranken geführt werden ſollten, Jh will Jhuen die AnklageAkte verleſen.“ Jn Unterwürfigkeit daſtehend hörte Louis Capet die Anflage an. Dann durſte ex ſi< ſeben, und das Verhör begann. Die vor die Aunahme der Konſtitution fallenden Handlungen entſchuldigte er damit, daß er damals niht dur< ein Geſeß beſchränkt geweſen ſei, die andern entſchuldigte ex mit der Verantwortlichkeit der Miniſter. Hauptſächlich aber verlegte er ſi< in ſehr unwürdiger Weiſe aufs Läuguen. So beſtritt ex die Aechtheit der ihn gravireuden Papiere und ſtellte ſogar mit ſehr unkluger Frechheit die Exiſtenz des eiſernen Schrankes in Abrede.

Auf dem Rü>wege nah dem Tempel hörte ex das Volk in den Straßen ſeinen Tod fordern und vielfache Rufe ertönen: „Es lebe die Republik!“ — Am nächſten Tage wurde ihm das Dekret des Konvents zugeſtellt, welches ihm geſtattete, ſih einen Vertheidigungsrath zu erwählen, Ex wählte Target und Tronchet. Erſterer ſhüßte jedo<h Unpäßlichkeit vor und lehnte ab. Dagegen bot ſi< der frühere Miniſter Malesherbes zu ſeiner Vertheidigung an, und dieſen beiden Vertheidigern wurde no< Deſèze hinzugefügt.

Die Kommune ſah ſih genöthigt, jezt den Verkehr des Königs mit ſeiner Familie niht mehr zu geſtatten, damit ſih die Complicen niht mit einander verabreden konnten. Sie hielt dieſe nothwendig gewordene Strenge aufrecht, troßdem daß die Freunde des Königs im Konveute darüber Lärm ſchlugen und die Aufhebung derſelben provozirten. Judeß durfte Ludwig mit - ſeinen Vertheidigern frei verkehren, ohne daß dieſe beim Ein- und Ausgange einer körperlichen Durchſuchung “unterworfen wurden. Auch wurden dem Könige Schreibmaterialien zur Verfügung geſtellt.

Als man am 19, Dezember Ludwig das Frühſtü>k brachte, ſagte er: „Es iſt heute Faſttag.“ Der Munizipal-Beamte Dorat Cubières erſtattete hiervon der Kommune Bericht, indem ex bemerkte: „Wißt Jhr es ſhon? Ludwig iſt ein Frömmler! Karl IX. und Heinrich II[. waren ebenfalls Pietiſten, und das waren Ungeheuer !“ — Den nämlihen Tag hatte Ludwig verlangt, daß man ihm Nachricht über ſeine Tochter geben ſollte. Er hatte untex - Thränen geſagt: „Es iſt ihr Geburtstag, und es iſt mir nicht geſtattet, ſie zu ſehen.“ Auch hierüber erſtattete der genannte Beamte der Kommune Bericht, indem er hinzu-