Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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einen „September-Bettler“. Santerre ſagte: „Das ift niht das Volk, ſondern die Ariſtokratie !“ und er ließ auf der Stelle das GoldjungenGeſindel dur ſeine National-Garde, womit er aus Vorſicht das Haus umſtellt hatte, zum Tempel der Muſen hinaustreiben. Der Konvent ſuchte die Theater-Maßregeln der Kommune überhaupt, ſo auh beſonders das Theater-Verbot, rü>gängig zu machen und hierbei that fih dex frühere Maire Petion hervor.

Wegen der in Paris vorhandenen Aufregung befürchteten manche ängſtliche reiche Leute einen neuen Revolutions-Ausbruch und ſuchten das Weite, da die Thore ungeſchloſſen blieben. Die entſchiedenen Demokraten ermahnten das Volk zur Ruhe, ſie warnten es vox den Umtrieben der Ariſtokraten, die gern einen Aufſtand, während deſſen ſie den König befreien wollten, hervorgerufen hätten. Sämmtliche Gefängniſſe wurden dur< die Kommune gut bewacht; auh gab es in denſelben nux ſehr wenige Gefangene. Dex Konvent, auf die Kommune eiferſüchtig, hatte die während des Prozeſſes Ludwig's zu ergreifenden Sicherheitsmaßregeln übrigens niht der Munizipal-Behörde, ſondern dem vollziehenden Rathe, dem Miniſterium, aufgetragen. Endlich aber wurde der Maire Chambon vor den Konvent gefordert, um über die Lage von Paris Bericht zu erſtatten, da die Sektionen gegen die Verſchleppung des Prozeſſes und beſonders gegen die Berufung ans Volk ſich durch die häuſig vor dem Konvente erſcheinenden Deputationen immer drohender ausſprachen. Chambon erſtattete einen langen Bericht, wonach allerdings die Lage nicht ſehr beruhigend war. Zu dex Unzufriedenheit trug namentli<h der Umſtand bei, daß eine Unterſtüßungsbank, deren Villets hauptſächlih unter den armen arbeitenden Klaſſen zirkulirten, ihre Verbindlichkeiten niht erfüllte. Die vielen beſchäftigungsloſen Arbeiter zeigten eine Verſtimmung, welche leicht einen aufrühreriſchen Charakter annehmen fonnte. Das Volk murrte auh darüber, daß die den Familien der Vaterlandsvertheidiger verſprochenen Unterſtüßungen unregelmäßig vertheilt wurden. „Die Reichen“, ſagte man, „bleiben unbekümmert und träge, denken nur an ihre eigne Erhaltung, bleiben von den bürgerlichen und militäriſchen Funktionen fern und laſſen den Vaterlandsdienſt auf die armen, arbeitenden Maſſen fallen.“ — Die Pikenmänner der Nationalgarde forderten immer heftiger Flinten.

Der Maire gab genauen Auſſchluß über die bewaffnete Macht von Paris. Die Nationalgarde zählte jezt 110,000 Mann. *) Die Gendarmerie und das Korps der Baſtille-Sieger betrugen 2500 Mann. Die Föderirten waren ungefähr 5000 Mann \tark. Endlich zählte die Kavallerie der Linie 2600 Mann. Junsgeſammt war alſo die bewaffnete Macht von Paris bei der Hiurichtung des Königs 130,000 Maun ſtark.

Der Kriegsminiſter Pache, der bereits Frauen in den Bureaux anſtellte, und der girondiſtiſhe Miniſter Roland trugen dur< zwei

*) Herr Profeſſor Adolf Schmidt gibt die Zahl der National-Gardiſten auf Seite 37 des erſten Theiles ſeiner „Franzöſiſchen Zuſtände“ falſch auf 150,000 Mann „ſeit dem Auguſt 1792“ an, Ex hat ſi< um niht weniger, als um 40,000 Mann, oder um mehr als den dritten Theil der Nationalgarde, geirrt. Troßdem wirſt der Herr Profeſſor den Franzoſen Ungenauigkeit vor! o