Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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Mehl für die Santerre'ſche Familie zu holen. Damit der Wagen unterwegs vor Plünderung ſicher war, wurden oben in die Fäſſer, worin ſih das Mehl befand, Strohhüte gelegt. *)

Aus Geiz E Habſucht brachten - Pächter und Eigenthümer fein Getreide mehr auf den Markt; denn ſie ſuchten die Preiſe no< höher emporzuſchnellen. Sie hatten dabei allerdings den plauſibeln Vorwand, daß ſie, wenn ſie auf dem Markte unverſchämte Preiſe forderten, vom Volke maſſakrirt zu werden Gefahr lieſen. Die Kommune ihrerſeits linderte nah Kräften die Noth des Volks; aber das gerade machten ihr die Girondiſten, welche den Wucher im Namen der Handelsfreiheit und der Heiligkeit des Eigenthums vertheidigten, zum Vorwurfe. Der girondiſtiſhe Miniſter des Jnnern Roland ſagte zum Konvente : „Die Verſammlung wird ſehen, daß wir Nichts zu befürchten haben, wenn die Zirkulation dex Lebensmittel die nöthige Freiheit genießt. Die munizipale Körperſchaft von Paris läßt das Mehl unter dem Einfaufspreiſe verkaufen. Das macht eine tägliche Ausgabe von 12000 Francs. Seitdem verproviantirt ſih die Bevölkerung aus der Umgegend in Paris. ..… Die Pächter und Landleute wagen niht mehr auf den Märkten zu erſcheinen, no< ſi< mit einem Sa> Getreide auf den Weg zu machen. Dex Vorwand der Wucherei bringt ſie in Gefahr, erwürgt zu werden. Mitten im Ueberfluß ſind wir nahe daran, vor Elend umzukommen. . .. Die Kommune antwortet niht auf meine Schreiben; die Sektionen erhalten ihren Jmpuls; es if eine ſhre>li<he Unordnung, welche ih von Neuem denunzire, müßte ih auh ſofort meinen Kopf verlieren. Die Sicherheit, das Eigenthum, die Handelsfreiheit ſind nicht mehr geſhüßt. Jh wage zu ſagen, daß der Geiſt der Kommune zuleßt Paris und den Konvent ſelbſt zu Grunde richten wird, wenn man dieſer Agitation der Sektionen und ihrer Permanenz, die nur no< die Permanenz der Unordnung und der Desorganiſation iſt, und wenn man der Exiſtenz dieſer Kommune, des Herdes aller Jutriguen, keine Gränze ſeht.“

Auch eine Deputation der Kommune legte dem Konvente den Sachverhalt dar. Sie ſprach folgendermaßen :

„Der zahlreihſte Theil des Volks, derjenige, welcher die Revolution gemacht hat und ſie aufreht erhält, iſt den größten Beſorgniſſen, dem grauſamſten Elende preisgegeben. Eine Koalition der Kapitaliſten will ſi<h aller territorialen und induſtriellen Hülfsmittel bemächtigen. Eine neue Ariſtokratie will ſi< auf den Trümmern der alten dur<h das verderbliche Uebergewicht der Reichthümer erheben. Die Handels-, Bankund Unterſtüßungshäuſer waren mit dem Tyrannen der Tuilerien zum Zwecke der Aushungerung des Volks verbunden. Die Revolution if gemacht ; es bedarf keine neue. Die Konſtituirende Verſammlung dekretirte die Abſchaffung der Eingangszölle, das Volk fing an erleichtert zu werden ; allein ſie dekretirte die Freiheit des Handels, und ihre Wohlthat wurde null. Jm Namen des öffentlichen Wohles verlangen wir

*) Carro, Biographie Sauterre’s, Seiten 192—193,