Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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„Die Güter der Kirche waren das Erbtheil der Armen. Indem man alſo Legtere dieſer Quelle beraubte, ſehte die Konſtituirende Verſammlung ſie dem Hungertode aus. Was hätte ſie, um die Uſurpation der Kirchengüter, deren ſie ſi<h im Namen des Souveräns bemächtigte, zu rechtfertigen, mit ihnen thun müſſen? Sie hätte ſie in drei gleiche Theile theilen müſſen. Der erſte Theil wäre für die Beſoldung der Diener der Religion beſtimmt geweſen, der zweite Theil zur Tilgung ver erlaubten Schulden der Regierung, der dritte aber als Antheil-Loos für die Vermögensloſen, wie ih unaufhörlich zur reten Zeit wiederholt habe. Hätte man nun an die Armen in kleinen Looſen das Drittel der kir<lichen Ländereien vertheilt, ſo hätte man in Bezng auf ſie eine unumgängliche Forderung der Gerechtigkeit erfüllt, hätte aus ihnen nüßliche citoyens gemacht, hätte ſie an die Aufrehterhaltung der Republik ſtark gefeſſelt, und der Staat hätte doppelt dabei gewonnen.“

Außer gegen Robespierre, dem die Girondiſten niht ganz mit Unrecht Diktatur-Gelüſte beimaßen, waren die girondiſtiſhen Staatsmänner beſonders gegen Marat erbittert. Gleich în den erſten Tagen des Konvents waren fie über Marat, den ſeine Pariſer Kollegen im Stiche ließen, wüthend hergefallen; aber derſelbe hatte ſie am 25. September 1792 dur<h die überzeugende Macht ſeiner Rede und dur ſeine Unerſhro>enheit glänzend beſiegt.) Namentlich mit Bezug auf dieſen Sieg entwirft VP. F. N. Fabre d'Eglantine von Marat folgendes Bild :

Aber dieſer Marat, ſo weih von Gemüth, erſcheint uns, wenn wir ihn in geiſtiger und ſeeliſher Hinſicht betrachten, als ein Mann von äußerſt fähigem Kopf, von einem unbeſieglichen Muthe, von einer unerſchütterlichen Feſtigkeit. Selbſt in den heftigſten Stürmen habe ih ihn ‘niemals ohne eine ſeltene, ſi gleichbleibende Geiſtesgegenwart geſehen. Jn ſeinen Abſichten, in ihrer Ausführung, in ſeinen Meinungen, in ſeinem patriotiſchen Haſſe brachte ihn Nichts von der eingeſchlagenen Bahn, Nichts zum Weichen. Das geſchah nicht etwa eigenſinnig, denn er fonnte der Vernunft Gehör geben und konnte ſie an einem Andern, wenn ſie die ſeinige übertraf, loben und zwar mit einer ſo einfachen Miene, daß Solches mehr ſeiner eignen Ueberlegenheit, als ſeiner Treuherzigfeit Ehre machte. Jn der Gefahr, bei den unmittelbarſten und ſtacheligſten Angriffen, in den heftigſten Verfolgungen waren ſein Muth und ſeine Unerſchro>enheit bewundernswürdig, kein Unfall {lug ihn nieder, keine Rückſicht beherrſchte ihn. Man findet hiervon den ſpeziellen Beweis in dex Art, wie er im Konvente den fürchterlichen, von der geſammten franzöſiſchen Ariſtokratie, ſeinen perſönlich anweſenden Feinden, fombinixten Angriff aushielt, ja man findet dieſen Beweis im glänzenden Siege, den ex — ein ganz Einzelner — über ſie alle davontrug dur die Unerſchütterlichkeit ſeiner Haltung und die Macht ſeiner Logik, ſowie

*) Marat beſchreibt dieſen auf ihn gerichteten Angriff im Journal de la République Nr. 4, vom 28, September 1792: „Eine Menge Anſchuldiger, darunter Cambon, Goupilleau, Rebecqui, umgaben mi<h mit drohenden Geberden ; ſie ſchubten mich, ſtießen mi< mit den Ellenbogen, hielten mir die Fauſt unter die Naſe, um mich von der Rednerbühne abzuhalten,“ U. f. w,