Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

— 135 —

fiel es den Girondiſten leiht, ihre Herrſchaſt im Konvente über die Neutralen — über den ſogenannten „Sumpf“ oder „Moraſt“ — zu behaupten. Daher wurde auh am 16. Mai 1793 mit einer Majorität von 202 Stimmen (aus 334 Anweſenden) der energiſche Girondiſt JFsnard zum Präſidenten des Konventes gewählt. Unter dem Vorſiß dieſes ſpeziellen Feindes der Pariſer Kommune wurde der Zwiſt auf die Spitze getrieben.

Auläßlih der Verhaftung eiues Friedensrichters dur<h die Kommune behauptete der Girondiſt Guadet auf der Rednerbühne des Konvents, daß von der Pariſer Munizipal-Behörde ein Komplott, welches die Umbringung des Konvents zum Zwece habe, gebildet worden ſei. Er verlangte niht nur die Kaſſirung der Pariſer Munizipalität, ſondern auch für den Fall, daß die zu Paris tagenden Deputirten des Konvents zerſtreut würden, den ſofortigen Zuſammentritt ver Ecgänzungsmitglieder dieſer Verſammlung zu Bourges. Der Ausſchuß der öfſentlihen Wohlfahrt verwarf zwar den zweiten Theil des Guadet'ſchen Antrages, {lug aber dagegen ſeinerſeits vor, daß in der Verſammlung eine ZwölferKommiſſion gewählt werden jollte, um die Handlungen der inkriminirten Kommune zu prüfen und Wohlfahrts-Maßregeln zu ergreifen. Dieſe Kommiſſion wurde auf der Stelle eingeſeßt. Sie beſtand aus ſes Royaliſten, aus drei Girondiſten und aus drei Unentſchiedenen.

Die Zwölfer-Kommiſſion begann ihre Wirkſamkeit damit, daß ſie an die Papiere des revolutionären Ausſchuſſes der Kommune Siegel legen und ſowohl den Präſidenten wie au<h den Sekretär der CitéSektion arretiren ließ. Bald wurden die gehäſſigen Schritte der ZwölferKommiſſion dux royaliſtiſhe Petitionen unterſtüßt, welche vorgaben, daß durch die Bergpartei die zweiundzwanzig obengenannten girondiſtiſchen Abgeordneten ermordet werden ſollten. Jndem die Leute des Sumpfes aus Angſt die Zwölfer-Kommiſſion aufre<ht erhielten, ließ dieſelbe noh andere Patrioten, darunter Hebert, den Subſtituten des Profurators der Pariſer Kommune, hinter Schloß und Riegel ſeyen. Die Verhaftung Hebert's wurde angeordnet wegen eines Artikels, der in Hebert's Journale „Pere Duchene“ erſchienen war und deſſen ſcharfe Sprache mit der Heftigkeit der girondiſtiſhen Journale ſih meſſen fonnte. Am folgenden Tage proteſtirte die Kommune gegen die Verhaftung und forderte ihren Beamten zurü>. Jsnard, der girondiſtiſche Vorſitzende des Konvents, drohte mit der Vertilgung von Paris. Er ſagte: „Man wird ſuchen an den Ufern der Seine, wo Paris geſtanden hat.“ Doch, ehe- wir weiter gehen, müſſen wix auf den prinzipiellen Ünterſchied, der die Girondiſten von den Montagnards und von der Pariſer Kommune trennte, aufmerkſam machen.

Die Girondiſten, wie ſie ſi< während der Revolution ſelbſt zeigten, waren allerhöchſtens radikale Bourgeois und wollten niht die Gleichheit und Bruderſchaft aller Menſchen, ſondern nux die individuelle- Freiheit. Die Pariſer Kommune und die Montagnards dagegen vertraten die demokratiſche Solidarität und die Rechte der großen Mehrheit des Volks. Sie ſorgten daher nach Kräſten für die Armen, für die Arbeiter. Jhnen war es mit der Gleichheit ein Ernſt. Auch erkannten ſie die Bruder-