Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

DLE

Durch billigen Kauf geiſtlicher Gründe oder auch durch Handel mit ſolchen National-Gütern bereicherten fih eine große Anzahl Leute und wurden nun intereſſirte Vertheidiger der Revolution. Die Emigration des der Revolution feindlihen Adels und deſſen Umtriebe im Auslaude führten nur zu bald auch zur Einziehung einer Menge adeligen Grundbeſißes, wodur< der Güterhandel und die raſche Bereicherung Einzelner bedeutend vermehrt wurde. Der Grund und Boden wurde hierdur<h beweglih und der Bourgeoiſie zugänglih, aber der neuen Rechtsgleichheit ſtellte ſich nunmehr auh die wechſelvolle faktiſhe Ungleichheit des beweglichen Beſibes entgegen. Diejenigen, welche ſih durch die Revolution materielle Vortheile erwarben, ſ<lugen, nachdem ſie ihr Schäfchen ins Trockne gebracht, bald aus ideellen Freiheits\{wärmern in intereſſirte Fanatiker für ſtabile Zuſtände um. So mußte mit dex Zeit, nachdem auh der Krieg und die wiederholten Aufſtände eine Menge Träger der revolutionären Jdeen hinweggeſchafft, die anfangs ungeheuer große Zahl der Revolutionäre ſehr abnehmen und die dur die Guillotine ge\hröpfte der Revolution müde gewordene Menge, die ſi<h mit dem myſtiſchen Naturrechte zu begnügen hatte, eine gewaltſame Reaktion über ſich hereinbrechen ſehen.

Aber ſo weit war es in der Periode, mit der wir uns jetzt beſchäſtigen, no< nicht gekommen. Denn die Revolution hatte no< lange nicht ihren Siedepunkt erreiht. Jm Gegentheil feierte man die Erſtürmung der Baſtille, wodurh der königliche Abſolutismus gebrochen worden war, durch ein allgemeines Verbrüderungsfeſt zu Paris auf dem Marsfelde. Zu dieſem Föderationsfeſte des 14. Juli 1790 wurden ſeitens der Pariſer Kommune die großartigſten Vorbereitungen getroffen. Der Feſtplaÿß auf dem Marsfelde wurde für viermalhunderttauſend Zuſchauer eingerichtet. Jn der Mitte deſſelben erhob ſi< ein antiker Opferherd und um denſelben ein weites Amphitheater, welches für das theatraliſche Auftreten des Königs, der National - Verſammlung und der Pariſer Munizipalität beſtimmt war. Aus allen Departements Frankreichs erſchienen Feſtgenoſſen, die der König ſih vorſtellen ließ.*) Der Feſtzug beſtand aus den Pariſer Wählern, aus den Vertretern der Pariſer Kommune, aus den Pariſer Diſtrikts-Präſidenten, aus der NationalVerſammlung, aus dex Pariſer National-Garde, aus den Vertretern der Armee und den Föderirten der Departements. Fliegende Fahnen, Militär-Muſik , Kanonen-Donner und maleriſche Trachten erhöhten die Feier des patriotiſchen Luſtſpieles. Jean Baptiſt Clooß von Val-deGrace, ein deutſher Baron, der Vertreter der Weltrepublik, figurirte dabei an der Spitze der in Paris lebenden, in allerlei Trachten gekleideten Fremden. Vierhundert fkatholiſhe Prieſter in weißen Meßhemden, geſ<müdt mit blaurothweißen Umgürtungen ſtanden, während die Meſſe gefeiert und dur<h den Autun'ſchen Biſchof die Oriflamme, die Stan-

*) Mignet berichtet in ſeiner Revolutions3-Geſchichte irrthümlih, daß der Poſtmeiſter Drouet, der im folgenden Fahre die auf der Flucht befindliche königliche Familie arretiren ließ, bei dieſer Gelegenheit den König habe fennen lernen. Drouet fannte den König nicht, wohl aber die Königin, die er geſehen hatte, als er unter den Dragonern geſtanden hatte,