Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

AE eL

Campan, *) die erſte Kammerfrau der Königin, berichtet in ihren Memoiren, daß der König öffentlich ſeine Brüder zur Rückkehr aufforderte, während er im Geheimen Emiſſäre an ſie und die auswärtigen Fürſten ſchickte und in vertraulichen Briefen das Gegentheil ſchrieb.

Am 31. September ging die konſtituirende National-Verſammlung aus einander und am folgenden Tage trat an ihre Stelle die Geſeßzgebende Verſammlung. Lafayette legte ſeine Stelle als Kommandant der Nationalgarde nieder und zog ſih in die Auvergne nah ſeinem Gute zurü>. Auch Bailly gab, als die Konſtitution fertig war, ſeine Entlaſſung, ward aber von der Bourgeoiſie bewogen, no< bis zum 18. November an der Spißze der Munizipalität zu bleiben.

Ebenſo wollte Marat vom öffentlihen Wirken zurütreten. Jn Nr. 549 ſeines Blattes vom 9. September ſ{hrieb ex einen Brief an die Deputirten der Konſtituante: „Dank der hehren Konſtitution, welche Sie, meine Herren, Frankreich gegeben haben, kann fih der retſchaffene Mann nicht mehr halten. Und da man bei der Vertheidigung der Rechte der Nation nur die Galeeren gewinnen kann und, wenn man dem Hexrn Capet (dem Könige) die traurige Wahrheit ſagt, den Stri>k befürchten muß, hat der Volksfreund die Ehre, Jhnen mitzutheilen , daß er im Begriſſe ſteht, auf das närriſche Unternehmen, ſih dem öffentlihen Wohle zu widmen, zu verzichten und nux noh daran zu denken, ſein Vermögen wieder herzuſtellen, da er ſi< beim Verfolgen dieſes unſinnigen Projektes an den Bettelſtab gebracht hat und ſogar von einigen citoyens, die er um einen ſihern Auſenthaltsort angefleht hatte, ausgeplündert worden iſt.“

Am 20. September ſchreibt er: „Vielleicht verwende ih einen Tag darauf, die Geſchichte meiner Gefangenſchaft zu Papier zu bringen, während der Ruhe, die ih in einem fremden Lande ſuche und in dem geknechteten Vaterlande nicht zu finden hoffen kann.“

Den 21. September (in Nr. 556) endet Marat dem Vaterlande den lebten Abſchied. „Jh würde protegirt, kareſſirt, fetixrt worden ſein, hätte i< nur ſtillgeſhwiegen, und wie viel Gold würde man niht an mich verſhwendet haben, hätte ih meine Feder entehren wollen. Jh habe das Korruptions-Metall zurückgewieſen, ih habe in Armuth gelebt und mein Herz rein erhalten. Jh würde jeht Millionär ſein, wäre ih“ _ weniger delikat geweſen und hätte ih niht immer an mich zuleßt ge-

dacht. Anſtatt der Reichthümer, welche ih nicht habe, beſize ih einige Schulden, welche mix die untreuen Manipulatoren, denen ih zuerſt den Dru> und Vertrieb meines Blattes anvertraut hatte, aufgehängt haben. Jh will dieſen Gläubigern die Trümmer von dem Wenigen, was mir übrig bleibt, überlaſſen, und ohne Geld, ohne Unterſtüßung, ohne Hülfsmittel gehe ih fort, um zu vegetiren in dem einzigen Winkel der Erde, wo mir im Frieden zu athmen noch erlaubt iſ, überholt von der Verſleumiung, verläſtert von den öffentlihen Schurken, denen ih die Maske abgeriſſen habe, beladen mit den Verwünſchungen aller Vaterlandsfeinde, verabſcheut von den Großen und Angeſtellten, und notirt in allen

*) Geborene Genneſt. — Memoiren, Ausgabe Baudouin, 2. Band, Seite 172.